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die gesellschaftskritikWenn Möbel wichtiger als Menschen sind

Ein Hotel in Cuxhaven schließt dicke Menschen aus. Leider kein Einzellfall

Apartments mit Meerblick, ayurvedische Massagen und ein tägliches Bio-Frühstücksbuffet: Das Beachhotel Sahlenburg verspricht einen entspannten und luxuriösen Urlaub. Jedoch nicht für alle, denn Kinder, Raucher:innen sowie Menschen, die über 130 Kilogramm wiegen, sind in dem Hotel im niedersächsischen Cuxhaven nicht erwünscht. Das wird den potenziellen Gästen schon bei der Buchung klargemacht.

Diese Hinweise haben dem Hotel harsche Kritik eingebracht: Ihre Politik, heißt es da, sei diskriminierend. Davon wollte die Betreiberin Angelika Hargesheimer nichts wissen. Radio Bremen sagte sie: „Also ich finde es persönlich diskriminierend, dass ich so einen Anblick ertragen muss.“ Gegenüber der dpa erklärte Hargesheimer dann doch noch, sie wolle niemanden diskriminieren. Aber worum geht es ihr dann? Die Hotelbetreiberin erklärt, dass die Designermöbel des Hotels das Gewicht von „übergewichtigen“ Menschen nicht aushalten würden.

Und genau da liegt das Problem: Die Welt ist nicht für dicke Menschen gemacht, dabei gibt es von ihnen ziemlich viele. Das Verhalten der Hotelbetreiberin ist kein Einzelfall, sondern für dicke Menschen eine regelmäßige Erfahrung. Tagtäglich werden sie ausgeschlossen und erfahren Benachteiligung – bei der Job- oder Wohnungssuche, im Gesundheitswesen oder in der Liebe.

Zudem ist ihr Leben in vielen Bereichen teurer: So müssen sie beispielsweise ihre Kleidung in Übergrößenläden kaufen und können nicht auf Niedrigpreisangebote zurückgreifen.

Statt von dicken Menschen zu erwarten, dass sie abnehmen, sollten wir die Welt so gestalten, dass alle darin Platz finden. Weg vom herrschenden Körper- und Leistungsideal hin zu einer inklusiven Welt. Denn, wie hat es Autorin Magda Albrecht in ihrem Buch „Fa(t)shionista – Rund und glücklich durchs Leben“ geschrieben: „Ein schlanker Körper darf keine Bedingung dafür sein, eine würdevolle Behandlung zu erfahren.“

Nach der dickenfeindlichen Politik des Cuxhaveners Hotels fordert nun die Gesellschaft gegen Gewichtsdiskriminierung mit einer Petition die Aufnahme eines Diskriminierungstatbestands „Gewicht“ ins Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Damit hätten dicke Menschen dann die Möglichkeit, sich gerichtlich zur Wehr zu setzen. Auch gegen Hotels, die sie ausschließen wollen. Carolina Schwarz

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