brief des tages:
21 Sekunden des Nachdenkens
„Das laute Schweigen“, taz vom 6. 6. 20
Der kanadische Premierminister Trudeau hat die Frage eines Journalisten danach, wie er die Politik des US-Präsidenten Trump gegen die Black-Lives-Matter-Bewegung beurteile, zunächst 21 Sekunden lang mit Schweigen beantwortet. Das neunminütige Schweigen auf den Demos im Gedenken an den ermordeten George Floyd, der unter dem Knie eines Polizisten erstickt wurde, stellt eine noch deutlichere Schweigekommunikation dar. Nach 21 Sekunden sagt Trudeau: „Es ist eine Zeit zuzuhören. Es ist eine Zeit zu lernen, wenn Ungerechtigkeit weitergeht trotz des Fortschritts [...]. Schwarze Kanadier und ethnisierte Kanadier sehen sich jeden einzelnen Tag Diskriminierung ausgesetzt. Wir müssen das sehen und handeln, nicht nur als Regierung, sondern wir als Kanadier. Wir müssen Verbündete im Kampf gegen Diskriminierung sein [...].“ Trudeau weigert sich, seine Verantwortung für das System des Rassismus zu leugnen und sein Gewissen dadurch zu entlasten, dass er Trump die alleinige Verantwortung zuschiebt. Das ist ein guter Anfang, auch für mich.
Arne Erdmann, Marburg
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