Jan-Paul Koopmann
Popmusik und Eigensinn
: Verknarzte Punk-Poesie vom Arsch der Heide

Erst mal klingt es ja doch nach einem ziemlichen Schnellschuss, gleich das allererste Konzert als Live-Album rauszuhauen. Wer dieses ominöse Debüt von LaturB allerdings erlebt hat, weiß natürlich, dass die Veröffentlichung von „Middle Class on Fire“ überhaupt nicht komisch, sondern einfach nur folgerichtig ist. In der Schwankhalle war dieses Konzert, vor unendlich langen zwei Monaten, ganz kurz und gerade noch rechtzeitig vor dem Lockdown. Da kamen drei junge Menschen auf die Bühne – Feminist*innen hieß es vorher eher vage, mit irgendwie Elec­tropunk, Performance und Schmackes. Und die kamen dann auch und haben dermaßen brachial abgeliefert, dass mir noch Wochen später aus den unterschiedlichsten Ecken mehrfach um die Ohren gehauen wurde, was mich seitdem schwer ärgert: dass ich nämlich gar nicht dabei war.

Wie das Live-Album nun leider zeigt, ist ausnahmsweise wahr, was die Leute so sprechen: LaturB sind ein ziemlicher Hammer. In Wirklichkeit stehen sie auch gar nicht zum ersten Mal auf der Bühne, sondern haben tatsächlich jahrelange Erfahrung aus dem Anarcho-Hexenkessel des Schaulust-Varietés im Gepäck. Vom Springen-Tanzen-Amoklaufen verrät schon die reine Tonaufnahme erstaunlich viel. Es klingt nach Hokuspokus und ist trotzdem korrekt, dass hier im Hintergrund eine Energie brutzelt, die einen beim Hören sonderbar aufgekratzt zurück lässt. Oder, in kurz gesagt für antimetaphysisch verknappte Leser*innen: Die Platte ist sehr, sehr gut.

Die Electropunk-Schiene fährt zackig und verknarzt zugleich, wie ganz weit oben von der Audiolith-Ursuppe abgeschöpft. Aber da bleibt hier nichts stehen (oder meinetwegen: hüpfen), sondern LaturB dreht steil weiter in sphärische Sound- und Textwelten – mal ist das witzig, dann wütend und plötzlich schwerst emotional. Die schönste Stelle ist wie so oft die blödeste: „Am Arsch der Heide / werden wir berühmt“ heißt es da, „wo die heiße Scheiße / aus unsern Ärschen glüht“ So säuselt’s mit zwei sehr langen Üs in den schweißnassen Schwankhallen-Äther. Und das müssen Sie mir jetzt einfach glauben: Im Duett der LaturBs klingt das überhaupt nicht nach vulgärem Bockmist, sondern entfaltet eine raue Poesie. Sollen sie unbedingt machen, das Berühmtwerden, und im Studio dann möglich bald ein sogar noch besseres zweites Album aufnehmen.

https://lalalaturb.bandcamp.com