ANDREAS FANIZADEH LEUCHTEN DER MENSCHHEIT : Erzbefehl an Erzwagner Meese!
In einem Artikel für Die Welt behauptet Jan Küveler, dass der Künstler Jonathan Meese „seinen Protest gegen die Wirklichkeit in Faschismus-, genauer in Nazisymbolik kleidet“. Die Leitung der Bayreuther Festspiele habe mit Meese für 2016 einen Parsifal-Regisseur und Bühnenbildner verpflichtet, der die Nazi-Diktatur zumindest zeichenhaft verehre, während sie gerade mit Evgeny Nikitin einen russischen Sänger feuerte, der sich in seiner Jugend ein Hakenkreuz tätowieren ließ, dass er sich im gereifteren Alter wieder überzeichnete.
Küveler deutet Nikitins (angebliches) Hakenkreuz – Nikitin bestreitet, dass da jemals eines war – als pubertär-provokative Jugendsünde, resultierend aus einem künstlerisch motivierten „Ichverlust“. Er fragt sich: „Aber rechtfertigt es, ihn (Nikitin, d. A.) ohne entsprechende Zeichendeutung zu feuern, während man einen Anderen (Meese, d. A.) engagiert, der mit derselben Symbolik nach ähnlichen Zielen strebt?“ Das scheint ein echter Äpfel-Bananen-Erzquatsch.
Egal weswegen Nikitin aus Bayreuth flüchtete, Meese ist bislang nicht als künstlerischer Apologet des Faschismus bekannt. Um dies zu widerlegen, bräuchte man noch nicht einmal Meeses voluminöse „Ausgewählte Schriften zur Diktatur der Kunst“ (Suhrkamp Verlag, 2012) zu studieren. Ein Click auf seine Homepage (www.jonathanmeese.com/) genügt, um sich zu überzeugen, mit welch Pop- und klassischen Avantgardetechniken der Verfremdung der Erzmeese den Erzwagner sich untertan macht, Bayreuth in SEIN Zeichensystem einverleibt, und nicht umgekehrt.
Ob ihm dies auch außerhalb seiner leicht kontrollierbaren Homepage so gut gelingen mag? Die Chance stehen nicht schlecht. Seine bisherigen Performances in Kunst- und Theaterräumen deuten darauf. Dazu gehört aber eben bei Meese das explizite Spiel mit den Zeichen. Also Erzbefehl an Erzwagner Meese: Bühnenweihfestspiel!
■ Andreas Fanizadeh leitet das Kulturressort der taz. Foto: privat