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Archiv-Artikel

Junge Hüter eines nassen Schatzes

Eltern, die Wasser verschwenden, müssen sich auf Ärger mit ihren Kindern einstellen: Deutschland soll Schulen bekommen, in denen die Kleinen lernen, auf den sparsamen Umgang mit dem Nass zu achten. Das Vorbild dafür kommt aus Österreich

AUS MALLNITZ HANNA GERSMANN

„In unserem Trinkwasser haben schon Dinosaurier gebadet.“ Aha. „Und hineingepinkelt hat auch schon mal jemand.“ Wie widerlich. Aber Angelika Staats, die ein Glas Wasser in die Luft hält, will nicht Ekel hervorrufen, sondern Begeisterung für das schlichte H2O. „Aquadidaktik“ nennt sie das. Dahinter steckt der größte Nationalpark der Alpen, die Firma Swarovski – und ein perfektes Beispiel für eine neue Umweltbildung: die „Wasserschule Nationalpark Hohe Tauern“. In Deutschland soll sie jetzt kopiert werden.

180 Quadratkilometer Gletscher, 280 Bäche und 550 Seen – Wasser spielt eine große Rolle in den Hohen Tauern, die sich von Kärnten über Tirol bis zum Salzburger Land ziehen. Genau wie für die Kristallproduktion der Tiroler Firma Swarovski mit 2 Milliarden Euro Umsatz im Jahr. Das Unternehmen hänge wegen seines hohen Wasserverbrauchs „von der nassen Ressource regelrecht ab“, erklärt ihr Berater und Naturschutzexperte Christoph Imboden. So seien Nationalpark und Swarovski zusammengekommen. Der weltweit größte Hersteller geschliffener Kristalle finanziert die von Staats geleitete Wasserschule schon seit 1999 mit satten 220.000 Euro pro Jahr. Eine „Investition“, die der „Verantwortung eines Unternehmers“ entspreche, sagt Imboden.

Soziales und ökologisches Engagement, neudeutsch die Corporate Social Responsibility, liegen im Trend. Die Bitburger Brauerei sammelt Geld für Bolzplätze, die Lufthansa für Kraniche. „Jedes Jahr sponsern die deutschen Firmen zusammen 1,5 Milliarden Euro“, weiß Werner F. Schulz vom Deutschen Kompetenzzentrum für Nachhaltiges Wirtschaften in Witten-Herdecke. Dabei gehe es nicht nur um Fürsorge, sondern auch ums Image. Motto: „Tue Gutes, und rede darüber.“

Swarovski redet bislang erstaunlich wenig. Dabei passt die Wasserschule gut in die Weltdekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“, die die UN für die Jahre 2005 bis 2014 ausgerufen haben. Experten halten die Aquadidaktik für einzigartig.

Projektleiterin Staats erklärt das Konzept so: „Die bisherige Umweltbildung ist gescheitert.“ Die „Katastrophenpädagogik“ habe Kinder deprimiert. In der Wasserschule könnten die zumeist Acht- bis Dreizehnjährigen jetzt die Natur „entdecken, erforschen und erfahren“.

Konkret heißt das: 35 Pädagogen fahren in den Hohen Tauern von einer Schule zur nächsten und errichten für fünf Tage ein Wasserlabor im Klassenzimmer. Sie hantieren mit Zehnlitereimern und Schnapsgläsern. Damit lernen die Schüler, dass Wasser zwar mehr als zwei Drittel der Erde bedeckt. Aber nur ein winziger Schluck, nämlich 0,02 Prozent, ist für den Menschen verfügbar. Klar wird: Wasser ist eine knappe, eine wertvolle Ware.

Jedes Jahr werden 4.300 Schüler in den Hohen Tauern zu Hütern des Wasserschatzes ausgebildet. Elfriede Neubauer vom Diversity Centre Salzburg hat das Projekt evaluiert, das Wissen der jungen Wasserforscher abgefragt. Für sie steht fest, dass die Schüler auch noch Jahre nach dem Kurs viel wissen. Am Ende entschieden jedoch die Eltern, ob die Spartaste für die Toilette eingebaut wird oder nicht. Den Kindern bleibe nicht mehr, als zu schimpfen. Staats betont: „Wer schon als Kind den Umgang mit Wasser lernt, handelt später umso verantwortungsvoller.“

Davon ist offenbar auch der bayerische Umweltminister Werner Schnappauf (CSU) überzeugt. Im Biosphärenreservat Rhön in Unterfranken soll jetzt auch eine mobile Wasserschule entstehen. Die bayerische Landesregierung finanziert den Start. In den nächsten Monaten werden Lehrer aus Bayern in Österreich ausgebildet.

Rudolf Schreiber von der Frankfurter Unternehmensberatung ProNatur kümmert sich um das Kooperationsprojekt. Er sagt: „Erst machen wir die Wasserschule in Unterfanken – und dann bundesweit.“ Sponsoren sind herzlich willkommen.

www.wasserschule.at