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berliner szenenSellerie. Für die Suppe oder so

Ich stehe in der Schlange vor dem Biomarkt, wieder in der Hoffnung, Rote Linsen zu bekommen. Die gibt es seit Wochen nirgendwo zu kaufen. Ich lehne mich an einen Poller und recke mein Gesicht in die Sonne. Unter meinem Tuch über Mund und Nase wird es warm.

„Hallo“, höre ich eine weibliche Stimme neben mir. „Ach, hallo“, lautet die Antwort. Ihre Stimme klingt müde. Ich sehe zu ihnen herüber. Die Frau zwei Meter neben mir trägt eine rote Jacke, die nächste in der Reihe eine grüne OP-Maske und einen Korb im Arm.

„Wie geht es bei euch?“, fragt die mit der roten Jacke.

„Ach na ja, ist alles viel. Die Arbeit, und mit T. wird es ­immer schlimmer. Ich mach alles falsch. Er sagt mir, wie ich die Waschmaschine zu befüllen habe und wann ich das Licht ausmachen muss oder dass ich nicht jeden Tag duschen soll. Gestern hat er mir das Essen entgegengeschmissen.“

„Du musst da jetzt raus“, sagt die andere.

„Hm.“

Die Schlange kommt in Bewegung. Der Mann vor mir wird in den Laden gelassen.

„Du brauchst ein Codewort“, sagt die mit der Jacke. „Wenn du mich anrufst, weil du es nicht mehr aushältst.“

„Und was dann?“ Es klingt mutlos.

„Dann sagst du, du gehst einkaufen, und kommst stattdessen zu mir.“

Die mit der Maske macht ein Geräusch. Ihre Augen sind gerötet.

„Das kriegen wir doch hin. Sag am Telefon einfach, du brauchst ...“, die mit der roten Jacke überlegt, „... Sellerie. Für die Suppe oder so. Dann weiß ich Bescheid.“

Die Augen über der Maske sind zweifelnd. „Ich brauch nie Sellerie.“

„Dann schon“, meint die mit der roten Jacke bestimmt. „Aber so was von.“

Der Mitarbeiter winkt mich in den Laden. Es gibt auch hier keine Roten Linsen mehr. Aber auf einmal ist das mehr als egal. Isobel Markus

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