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Archiv-Artikel

Der Bart von Erzbischof Jovan ist ab

Ein Gericht in Mazedonien verurteilt den serbisch-orthodoxen Erzbischof von Ohrid und Metropoliten von Skopje zu 18 Monaten Haft. Er hatte den Beitritt zur unabhängigen mazedonischen orthodoxen Kirche verweigert. Scharfe Kritik aus Serbien

AUS BELGRAD ANDREJ IVANJI

„Wach auf Serbien“ und „Befreit den Bischof“ forderten einige serbische Revolverblätter. Man empörte sich in Serbien über die „unerhörte Erniedrigung“ der serbischen orthodoxen Kirche und ihrer Gemeindemitglieder in Mazedonien und verurteilte scharf die „barbarischen, gottlosen“ Maßnahmen der Behörden des Nachbarlandes.

Die guten Beziehungen zwischen Serbien und Mazedonien kühlten sich merklich ab, nachdem das Kreisgericht in der mazedonischen Stadt Bitola vergangene Woche den serbisch-orthodoxen Erzbischof von Ohrid und Metropoliten von Skopje, Jovan, als „Hassprediger“ zu 18 Monaten Haft verurteilte, einsperrte und, wie die Belgrader Tageszeitung Kurir schrieb, seine Symbole der „priesterlichen Würde“ beseitigte: Sein langes Haar wurde abgeschnitten und sein Bart abrasiert. Dem Vertreter des serbischen Patriarchen in Mazedonien wurde vorgeworfen, „nationale und religiöse Unduldsamkeit“ zu schüren.

Der Diplomingenieur und Erzbischof mit dem weltlichen Namen Zoran Vraniskovski hatte sich geweigert, der unabhängigen, doch kanonisch nicht anerkannten mazedonischen orthodoxen Kirche beizutreten und blieb dem Kirchenoberhaupt in Belgrad treu. Zudem hielt er trotz Verbots in seiner Wohnung weiter serbisch-orthodoxe Gottesdienste ab.

Nun hat Serbien einen neuen Märtyrer. Und ein kirchlicher Streit ist zu einer von nationaler Hysterie gefärbten staatlichen Krise geworden, die die Region „destabilisieren“ und den Frieden „bedrohen“ könnte, wie außenpolitische Berater von Serbiens Premier, Vojislav Koštunica, verkündeten.

Koštunica forderte die sofortige Freilassung des Erzbischofs, denn jede „Verfolgung und Verurteilung“ von Menschen wegen ihres Glaubens sei „unbegreiflich“. Serbiens Kommunikationsminister, Velimir Ilic, kündigte an, das Abkommen über die Abschreibung der Schulden der mazedonischen Fluggesellschaft platzen zu lassen, wenn der Bischof nicht begnadigt werde. Skopje wies alle Forderungen Belgrads zurück, die Justiz sei nicht zu beeinflussen und Vraniskovski sei Staatsbürger Mazedoniens.

Ein ähnlicher Konflikt des serbischen Patriarchen Pavle droht auch mit der montenegrinischen orthodoxen Kirche, die seine Autorität nicht mehr anerkennt und die Unterstützung von Montenegros Regierung genießt. Die sich als Serben deklarierenden Bürger Montenegros betrachten die Trennung der montenegrinischen Kirche von der Synode in Belgrad als „Blasphemie“ und wollen für den Fortbestand der Staatengemeinschaft Serbien und Montenegro und die Einheit der Kirche kämpfen. Als letzte serbische Institution außerhalb Serbiens erhebt die serbisch-orthodoxe Kirche den alleinigen Anspruch auf alle slawisch-orthodoxe Seelen in Serbien, Montenegro und Mazedonien. Die Reaktion aus Skopje und Podgorica: von wegen.