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Archiv-Artikel

Arbeitsvermittlung soll jetzt durchstarten

Clement räumt „gewisse Form von Selbstbeschäftigung“ bei Behörden ein. Verständnis für gekürzten Lehrlingslohn

Von UWI

BERLIN taz/afp ■ Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) hat nichts dagegen, Lehrlingen den Lohn zu kürzen. Er sei allerdings nicht zuständig. „Ich verstehe den Vorschlag, und ich empfehle dringend, ihn zwischen den Tarifparteien zu behandeln“, sagte Clement gestern. Die Politik sei der falsche Ansprechpartner. „Dies ist eine Frage der Tarifparteien und nicht eine Frage an den Gesetzgeber.“

Am Wochenende hatte der Handelskammer-Chef, DIHK-Präsident Ludwig Georg Braun, gefordert, statt Ausbildungsvergütungen von bis zu 800 Euro einen bundesweiten Einheitstarif von 270 Euro zu zahlen. Hierzu jedoch sagte Clement: „Nein, das halte ich nicht für angemessen.“ Das sei zu weit entfernt vom Durchschnitt der Ausbildungsvergütungen. Zum Vergleich: Das Arbeitslosengeld II beträgt 345 Euro – plus Miete.

Zuvor hatte Clement mit Vertretern der Kommunen vor Kameras eine Vereinbarung unterzeichnet, wonach die Kompetenzen bei der Arbeitsvermittlung neu geregelt werden. Bislang, erklärten alle Unterzeichnenden, habe es bei der Umsetzung der Arbeitsmarktreform Hartz IV zu viel „Kompetenzgerangel und Reibungsverluste“ zwischen Bundesagentur für Arbeit (BA) und Kommunen gegeben.

Jetzt aber verzichte die BA auf ihr Weisungsrecht, zahle weiterhin das erforderliche Geld, und die Kommunen könnten mit der Arbeitsvermittlung durchstarten. Clement sprach von einem „Durchatmen“. Die Behörden kämen „weg von einer gewissen Form der Selbstbeschäftigung“. Beispiele hierfür zu nennen, taten sich die Städtevertreter schwer. Münchens Oberbürgermeister Christian Ude erklärte, kleinere Kommunen hätten bei „Büroraumbeschaffung und Personaleinsatz die Weisungen der BA als zu weitgehend und detailversessen“ empfunden.

Der Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Roland Schäfer, selbst Bürgermeister in Bergkamen, berichtete von einem Streit um Stromverteilungskästen. „Wir hätten die beim nächsten Einkauf im nächsten Fachhandel besorgt“, sagte Schäfer. Doch die BA habe auf einen zentralen Einkauf über Nürnberg bestanden.

Konkrete Folgen für die Qualität der Arbeitsvermittlung konnte niemand erkennen. Ohnehin, sagte Clement, habe der Schwerpunkt der Hartz-Umsetzung in der ersten Jahreshälfte auf der sauberen Alg-II-Auszahlung gelegen. Erst in der zweiten Jahreshälfte stehe nun die Vermittlung im Vordergrund – vor allem von unter 25-Jährigen. UWI

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