corona in bremen: „Es ist ein Schneeball-system“
Mirka Lenz,23, studiert Spanisch und Französisch auf Lehramt und ist seit Freitag in der Gruppe aktiv.
Interview Dominika Vetter
taz: Frau Lenz, was bietet die Initiative Nachbarschaftshilfe Bremen an?
Mirka Lenz: Wir wollen hilfsbedürftigen Menschen dabei helfen, ihren Alltag so gut wie möglich auf die Reihe zu kriegen. Das betrifft Einkäufe, aber auch Kinderbetreuung oder Gänge zur Post und zur Apotheke. Corona ist der Anlass. Wir haben aber auch schon darüber geredet, was wir machen, wenn Corona vorbei ist. Eigentlich sollte das Netzwerk eine dauerhafte Geschichte sein.
Wie funktioniert die Kommunikation?
Über verschiedene Kanäle, wir sind noch im Aufbau. Momentan ist es vor allem Telegram, das funktioniert wie ein Schneeballsystem: Jede*r lädt weitere Menschen in die Gruppe ein. Es gibt eine Facebook-Gruppe, eine Webseite ist im Aufbau. Außerdem drucken wir gerade Flyer und Poster.
Wie sind Sie organisiert?
Das ist keine One-woman-show, wir machen das alle zusammen. Wir sind ein riesiger Pool an Leuten mit unterschiedlichen Fähigkeiten. Mich hat am Freitag eine Freundin in die Telegram-Gruppe eingeladen, und seitdem sitze ich nur noch vor dem Computer und versuche das mit aufzubauen. Wir sind in zwei Tagen von circa 75 auf über 500 Mitglieder angewachsen. Telegram bietet sich an, um große Gruppen zu vernetzen, erst mal ohne seine Handynummer anzugeben.
Wie geht die Gruppe mit Datenschutz um?
Das ist uns allen sehr wichtig. Jede*r kann entscheiden, was er/sie freigibt. Wir fragen auch aktiv nach, wenn es um das Drucken der Flyer geht. Leute, die ihre Nummern nicht veröffentlichen wollen, nutzen alte Simkarten oder Rufumleitungen.
Wer kann helfen?
Alle, die etwas tun möchten. Es ist schon eine Hilfe, wenn man die Nachbarin fragt, ob sie etwas braucht. Es geht darum, einen Gegenpol zu den desinfektionsmittel- und klopapierhamsternden Leuten darzustellen. Zu sagen: Wir bleiben ruhig, und wir versuchen zu helfen. Mich berührt es jedes Mal, wenn ich die Telegram-Gruppe öffne, wie viele Menschen sich dort engagieren wollen.
Gibt es Verhaltensregeln, um die zukünftigen Klienten zu schützen?
www.nachbarschaftshilfe-hb.de
Telefon: 0157/ 79881572 und 0157/
50787358
mail: nachbarschaftshilfe_bremen@web.de
Wir haben vor, möglichst kleine, feste Hilfskreise aufzubauen, um die Kontakte zu minimieren und die Risikogruppen zu schützen. Die Standardregeln sollen alle einhalten: Händewaschen, Abstand halten. Zu Hause bleiben, wenn jemand von den Helfer*innen Symptome zeigt und den anderen Bescheid sagen. Wir haben einen Fragenkatalog, in dem wir abfragen ob Menschen einer Risikogruppe angehören. Wir wollen vermeiden, dass Risikogruppen und Menschen, die unter Quarantäne stehen, durch uns indirekt in Kontakt kommen.
Was wird außer Einkaufshilfe benötigt?
Menschen für den mehrsprachigen Telefondienst, die andere Sprachen als Englisch, Französisch und Spanisch sprechen. Kostenloses Drucken wäre toll. Wenn es Hinweise gibt, was wir verbessern können, freuen wir uns auch darüber! Wer persönlich nicht helfen kann: Trotzdem weiterleiten, um sowohl Hilfesuchende als auch potenzielle Helfer*innen zu erreichen.
In welchen Stadtteilen fehlen noch Helfer*innen?
Bremen Nord ist noch etwas dünn besetzt. Der Bremer Osten und der Süden ebenfalls.
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