piwik no script img

Einbeinige blinde Frau

Neues Wahrheit-Rekordverbot: das Virusklettern

Everestfoto: dpa

Seit vielen, vielen Jahren verbietet die Wahrheit nutzlose Rekordversuche. Dazu gehören das Umrunden von Kontinenten in ungeeigneten Verkehrsmitteln, das schwimmende Durchqueren irgendwelcher Gewässer, aber auch das Besteigen von Riesenbergen durch Lahme, Blinde und Bekloppte. Zuletzt hatte die Wahrheit dem Nepalesen Nirmal Purja untersagt, einen Rekord für die schnellste Besteigung aller vierzehn Achttausender aufzustellen. Und dennoch erklomm die menschliche Bergziege in sieben Monaten alle Gipfel des Himalaya. Gestern allerdings meldet die Nachrichtenagentur AP: „Besteigungen des Mount Everest durch Coronavirus gefährdet.“ Das darf doch nicht wahr sein! Da arbeitet man jahrelang hart daran, den Rekordblödsinn abzublasen oder diese widersinnigen Tätigkeiten zumindest der gesellschaftlichen Scham auszusetzen – ohne jeden Erfolg. Und dann kommt solch ein hergelaufener Virus daher und verhindert wahrscheinlich, dass eine einbeinige, zehnjährige, blinde Frau mit Asthma den höchsten Berg der Welt hinaufhüpft. Das ist doch die Höhe! Aus purem Trotz wollen wir diesen Rekord jetzt sofort aufgestellt sehen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen