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Möpseln im Mund

Jahrhundertwein wider das Elend dieser Welt

Eine gespenstische Schockstarre beherrscht zur Zeit die Welt. Gebannt betrachten die in Verzweiflung schier versinkenden Erdenbewohner die Bilder von Krankheit und Elend, Tod und Teufel, die an ihren Augen vorbeiziehen wie polternde Zirkuswagen. Doch halt! Inmitten der düsteren, vom Seuchenhauch dampfenden grauen Landschaft gibt es sie, die von zarten Blüten bevölkerten Inseln der Lustbarkeit, auf denen die Dekadenz ihr dringend notwendiges feuchtfröhliches Fest feiert: „Der Jahrhundertwein übertrifft alle Erwartungen“, jubelte gestern in einer Pressemitteilung das Schwarzwaldweingut Andreas Männle aus Heimbach. Man habe, so preist sich dieser letzte leuchtende Turm des Trunkes im dunklen Gehölz des trockenen Durstes, im Jahr des hundertjährigen Bestehens 2019 einen Jubiläumsjahrgang gekeltert, dass es nur so kracht auf der Zunge und am Gaumen. Ein „besonderer Tropfen“, ein „außergewöhnlicher Jahrgang“, der „die hohen Erwartungen sogar noch übertroffen“ habe, tirilieren die Schwarzwäldler. Da möpseln schon die Buchstaben im Mund. Endlich mal ein Unternehmen, das in diesen schweren Zeiten nicht in Sack und Asche geht und Verzicht oder Askese predigt. Ein Hoch aufs Männle! Prost den großen ­Jahrhundert-Kellermeistern!

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