: Veränderungen nur auf dem Papier?
Anlässlich des „nationalen Protesttags“ des Marburger Bundes in Berlin haben sich auch in Bremerhaven Klinikärztinnen und -ärzte zum Protest versammelt. Auch sie fordern eine Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen: Weniger Verwaltungsarbeit, kürzere Arbeitszeiten und höhere Gehälter
Bremen taz ■ Auf der Kundgebung vor dem zentralen Klinikum Reinkenheide in Bremerhaven hat man Thomas Fischer ein Schild in die Hand gedrückt: „Wir sind keine Telefonisten“. Er hat es gerne hochgehalten. „Wir Ärzte machen zu viel Verwaltungsarbeit“, sagt er. Und das ist nur ein Teil des Problems: zu geringe Bezahlung, zu viele unbezahlte Überstunden – das sind die Kritikpunkte, um derentwegen gestern Klinikärzte und -ärztinnen protestiert haben.
Mehr als zwei Dutzend Ärzte sind aus Bremen und Bremerhaven zu dem vom Marburger Bund organisierten „nationalen Protesttag“ nach Berlin gefahren, schätzt Iris Gerlach, Delegierte der Bremer Ärztekammer. In Bremerhaven selbst haben sich rund 80 Ärztinnen und Ärzte vor dem Zentralen Klinikum und 60 weitere vor dem Krankenhaus am Bürgerpark und dem St. Josefs-Hospital versammelt. Symbolträchtig um fünf Minuten vor 12 Uhr.
Thomas Fischer ist nach der Versammlung rasch wieder an die Arbeit gegangen – denn die Patientenversorgung sollte auf jeden Fall gewährleistet werden. Er ist Assistenzarzt in der Mitte seiner Facharztausbildung und kennt die Probleme, die der Marburger Bund ebenso wie die Ärztekammer publik machen, vor allem von seinen bisherigen Ausbildungsstationen. „Es wird stillschweigend davon ausgegangen, dass die Arbeit gemacht wird“, sagt er. „Egal wie lange man dafür braucht“. Konkret gesprochen bedeutet das unbezahlte Überstunden. Wer sich, vor allem im Bereich der Universitätskliniken, darüber beschwere oder eine Bezahlung fordere, würde vom Chef Benachteiligung beim beruflichen Fortkommen angedroht. Und solange es keine Einigkeit unter den Kollegen gebe, sei es einfach, sie gegeneinander auszuspielen.
Das zweite große Thema sind für Fischer die langen Arbeitszeiten: Nach Vorgabe der Europäischen Kommission dürfen die Klinikärzte ab Anfang nächsten Jahres nicht mehr als 48 Stunden pro Woche arbeiten. Doch bereits die 24-Stunden Bereitschaftsdienste dauerten de facto 26 bis 30 Stunden. Die Kommission hat den Bereitschaftsdienst zwar als Arbeitszeit deklariert. Doch Fischer sieht „nur auf dem Papier“ die dazu erforderlichen zusätzlichen Stellen. Darunter leide nicht nur die Versorgung der Patienten, sondern auch die Ausbildung der Ärzte. Gerade in kleineren Häusern hätten Assistenzärzte nur theoretisch die Chance, alle für ihre Facharztausbildung erforderlichen Untersuchungen zu machen.
Nur bei der oft beklagten Bezahlung der Ärzte ist Fischer zurückhaltender: Nach dem Wegfall von Weihnachts- und Urlaubsgeld sind es rund 2.900 Euro, die er als verheirateter Assistenzarzt verdient. Ist das angemessen? „Auf die Stunde gerechnet sind es zwölf Euro“, sagt Fischer. „Das ist angesichts der Belastung und Verantwortung ein bisschen wenig“. Aber zugleich ist ihm bewusst, dass es Akademikern aus seinem Bekanntenkreis schlechter geht. grä