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Archiv-Artikel

Aus zwei mach eins

Die Debatte um die Schließung und Zusammenlegung von Schulstandorten nimmt kein Ende. Für den Herbst erwarten Politiker weitere Kürzungspläne von Bildungssenator Willi Lemke (SPD). Zwei Schulen in Osterholz proben schon jetzt die Kooperation

Die Schule Graubündener Straße fiel als erste dem Rotstift zum Opfer

Bremen taz ■ Nein, eine Zusammenlegung sei das nicht, sagt Ruth Overbeck. An der Bürowand der Leiterin des Schulzentrums an der Graubündener Straße hängt ein Plakat auf dem „Qualitätsentwicklung an Schulen“ steht. Genau das versucht die Rektorin, denn sie wird die neue Leiterin der Bildungseinrichtung, die noch unter dem Arbeitstitel „Neue Schule in Osterholz“ firmiert. Künftig wird es zwei Schulen unter einem Dach geben, wenn die Graubündener Straße mit der im Ellener Feld fusioniert. „Für mich ist das eine Chance, etwas Neues zu entwickeln“, sagt Ruth Overbeck.

Wie ihr könnte es bald vielen Schulleitern in Bremen gehen. Zwölf Prozent der Flächen soll Bildungssenator Willi Lemke (SPD) veräußern, sein Schulstandortkonzept bis zum Jahr 2015 hat er jüngst vorgelegt. Fachleute aller Parteien rechnen mit weiteren Schulschließungen und zusammenlegungen in den nächsten Jahren. Die Schule an der Graubündener Straße ist die erste, die dem Rotstift des Senators zum Opfer fiel. Eltern, Lehrer und Schüler demonstrierten massiv gegen die Schließung. „Es war zu erwarten, dass es hier den größten Widerstand geben wird, deswegen hat man diese Schulschließung aus den Planungen vorgezogen“, sagt ein Bildungspolitiker, der den Prozess verfolgt hat. „Wir haben den Kampf verloren“, meint Ruth Overbeck noch heute. Sinkende Schülerzahlen in Osterholz sorgten für die Bildung einer neuen Schule am Standort Ellener Feld. Hier wird ein Schulzentrum entstehen, dessen Schüler ab dem Sommer 2006 Jahrgang für Jahrgang in den Ganztagsbetrieb gehen. Die Schule an der Graubündener Straße stirbt langsam aus: Neue Schüler werden im August ausschließlich im Ellener Feld eingeschult.

Für Ruth Overbeck ist der Übergang zwar stressig, dennoch sieht sie den frei werdenden Räumen mit Vorfreude entgegen. Neue Fachräume könnten entstehen, es gebe mehr Platz. „Doch in ein paar Jahren wird das hier natürlich traurig, dann möchte ich am liebsten, dass wir mit den restlichen Schülern schneller umziehen als wie geplant bis 2008“, sagt die Schulleiterin. Lehrer müssten ohnehin pendeln.

Das Konzept für die neue Schule ist in der Planung. „Das ist einzigartig“, sagt die Rektorin des Schulzentrums am Ellener Feld, Christina Lüllmann. Der Umbau soll bis zum Ende der Ferien fertig sein, damit die vier neuen fünften Klassen einziehen können. Sie werden von einem besonderen Team betreut, das sich aus Lehrern der beiden alten Schulen speist. Sie erarbeiten neue Konzepte, die die Schüler zu mehr Eigenverantwortung bringen sollen. „Die Lehrer sollen zu Lernberatern werden“, nennt Ruth Overbeck das.

Dafür stehen den Pädagogen der neuen Schule zunächst 16 zusätzliche Planungsstunden zur Verfügung, die das Ressort bewilligt hat. Dazu stellt der Bildungssenator 250.000 Euro aus Landesmitteln für die Sanierung der Pavillons, in denen die neuen Schüler unterrichtet werden, zur Verfügung. Wenn die Ganztagsschule ihren Betrieb aufnimmt, werden weitere Mittel aus Bundes- und Landestöpfen fließen. Wie viele, kann das Bildungsressort noch nicht überblicken. Dennoch: Es bleibt unwahrscheinlich, dass alle Lehrer für eine reduzierte Schülerzahl in einer neuen Schule gebraucht werden.

Probleme von zwei Schulen in einer, die sich gegenseitig auch um Räume und Konzepte streiten könnten, wollen die Beteiligten zunächst nicht sehen. „Wir werden die Kooperation mit der neuen Schule suchen“, meint Waltraud Uhlenberg, seit 18 Jahren Elternsprecherin am Ellener Feld. Sie will dafür sorgen, dass auch die „Verbliebenen“ qualitativ hochwertigen Unterricht bekommen. „Es soll niemand herausgedrängelt werden“, sagt Ruth Overbeck. In der neuen Schule seien ja auch Ideen der alten mit eingebaut, so die Rektorin, die nicht weiß, was aus ihrer alten Schule wird. Es werde da über das Bürgerhaus debattiert, schließlich liege die Graubündener Straße mitten im Stadtteil. Das Schulgelände könnte aber auch verkauft werden. Und bei allem positiven Aufbruchsgeist, den die Schulleiterin verbreiten will, wird sie doch ein wenig melancholisch: „An den Tag wenn das Geschlossen-Schild draußen an der Schule hängt, mag ich gar nicht denken.“ Kay Müller