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Theaterdirektor Viktor Orbán

Ungarns Rechtspopulisten wollen die kommunalen Kulturszenen per Gesetz an die kurze Leine legen

Von Ralf Leonhard

Ein Geheimpapier versetzt seit wenigen Tagen Ungarns Kulturszene in Unruhe. Das Online-Portal artportal.hu hat einen Plan veröffentlicht, den die ungarische Regierung angeblich mit Jahresbeginn in Kraft setzen will. Es geht um die weitere Zentralisierung der Kulturpolitik. Es bestehe die „grundlegende Erwartung“ an die Kulturschaffenden, so zitiert das Nachrichtenportal index.hu aus dem geheimen Gesetzentwurf, dass sie „die Interessen des Erhalts, des Wohlergehens und des Gedeihens der Nation aktiv schützen“. Wenn man die Vorliebe von Premier Viktor Orbán für schwülstig-nationalistische Produktionen kennt, klingt das glaubwürdig.

Konkret geht es zunächst um die Entmachtung von Kommunen in der Kulturpolitik. So soll bei der Ernennung der Intendanten von Stadttheatern, die Gelder vom Staat bekommen, der Minister für Humanressourcen das letzte Wort haben. Bisher liegt die Zuständigkeit für die Ernennung der Intendanten bei der jeweiligen Stadtverwaltung, die als Betreiber aber auf finanzielle Unterstützung des Staates angewiesen ist. Fachkuratorien, die schon jetzt nach fast zehn Jahren nationalkonservativer Regierung mit Parteigängern von Orbáns Fidesz besetzt sind, sollen durch Kollegien ersetzt werden, die beim zuständigen Minister angesiedelt sind. An zentraler Stelle soll eine übergeordnete Instanz für Kulturpolitik geplant sein.

Hintergrund für den geplanten Durchmarsch in der Kulturpolitik dürften nach allgemeinem Dafürhalten die jüngsten Kommunalwahlen sein, bei denen Fidesz in mehreren größeren Städten überraschend abgewählt wurde. Allen voran in der Hauptstadt Budapest, wo sich der Sozialdemokrat Gergely Karácsony durchsetzte. Unter Fidesz-Bürgermeistern wurden bereits mehrere Theater mit provinziell-nationalistischen Direktoren besetzt. Sollten die oppositionellen Stadtväter andere Personalwünsche haben, müssten sie mit dem eigenen Budget dafür geradestehen. In der Praxis ist das nicht leistbar.

Die Pläne betreffen aber nicht nur die Staatstheater. Die Reform soll eine tiefgreifende Umgestaltung der Kulturförderung mit sich bringen. Zwar beteuern Regierungssprecher, alles würde besser und die Finanzierungen seien gesichert, doch fürchtet vor allem die freie Theaterszene um ihre Existenz. Unabhängige Gruppen konnten bisher beim Ministerium eine Grundfinanzierung für Bürokosten und Gehälter beantragen und sich einzelne Produktionen oder Teilnahme an internationalen Festivals durch den Kulturfonds subventionieren lassen. Der politisch unabhängige Kulturfonds gilt als eine der großen Errungenschaften nach der politischen Wende vor 30 Jahren.

Die Gründerin des Contemporary Drama Festival Mária Szilágyi fürchtet, „dass sich die Situation der freien Theaterszene weiter verschlechtert, wenn eintritt, was in den Medien veröffentlicht wurde“.

Die Regierung fühlt sich mit ihrer Offensive gegen unabhängige Kulturmanager in Aufwind, seit der liberale Filmregisseur und Drehbuchautor Péter Gothár eingestanden hat, dass er am József-Katona-Theater eine Kollegin belästigt hat. Gothár hatte 1994 bei den Parlamentswahlen für die Freien Demokraten kandidiert. Vorwürfe sexuellen Fehlverhaltens werden in Ungarn von regierungsnahen Medien für gewöhnlich heruntergespielt – in diesem Fall für einmal nicht.

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