Nils Schuhmacher
Hamburger Soundtrack
: Begrenzte Auskünfte

Deine Freunde (25. 11., Michelle Records) oder Deine Cousine (6. 12., Knust)? Leprous (24. 11., Uebel & Gefaehrlich) oder Kadavar (29. 11., Große Freiheit)? Juju(22. 11., Große Freiheit) oder Jini (22. 11., Mojo)? Wer weiß das schon? Es weiß ja schon niemand, wie solche Namen, die den Rahmen für Geschmackentscheidungen schaffen, zustande gekommen sind.

Denn die Zahl „korpusgestützter linguistischer Analysen“ (etwa Sabrina L. V. Scholz über finnische Bandnamen) ist klein. Was die Onomastik (zum Beispiel Peter Schlobinski) damit gerade mal weiß: „Bandnamen haben […] neben der monoreferentiellen Funktion eine weitere: Der jeweilige, selbst gewählte Name gibt Auskunft über die Gruppe“. „Auskunft“ ist natürlich ein dehnbarer Begriff.

Aber wenn man es so sieht, dann erteilt David Öllerer mit seinem Künstlernamen Voodoo Jürgens (25. 11., Knust) Auskunft über seine Herkunft und seine ungefähre musikalische Verortung. Denn Öllerer stammt wie sein Namenspatron Udo ebenfalls aus Österreich und ebenso wie dieser verortet er sich im Grenzstreifen zwischen Schlager und Austro-Pop. Damit endet dann aber auch die Auskunft und die Unwägbarkeiten beginnen.

Denn Öllerers Referenzen sind verrauchte Kneipen statt bürgerliche Wohngegenden, in schwarzen Humor getauchtes Wienerisch statt singendes Hochdeutsch, abgehalfterte Gestalten statt Middle-Class-Fantasien. Und auch der Vergleich mit Falco geht nicht auf. Denn Koks können sich die Strizzis, die Jürgens’Lieder bevölkern, gar nicht leisten. Wortwörtlich zu verstehen ist das alles im Übrigen nur schwer. Aber man kann es sehr gut nachempfinden.

Bei Umut Adans (28. 11., Hafenklang) Namen gibt es hingegen nicht sonderlich viel zu dechiffrieren. Er gibt Auskunft darüber, dass seine Eltern ihn so genannt haben. Adan ist in Istanbul aufgewachsen, mittlerweile aber nach Italien verzogen, was sicher auch größere Freiheiten gibt, zur politischen Situation in der Heimat Stellung zu nehmen. Wortwörtlich zu verstehen ist er dabei nicht – wenn man nicht Türkisch spricht. Aber man kann sehr gut nachvollziehen, woher der musikalische und sonstige Wind hier weht: aus der Richtung einer viel zu sehr vergessenen psychedelischen (und politischen) Tradition des Anadolu-Rock der 1960er- und 1970er-Jahre.