Weilen, eilen, heilen

Neurowissenschaft und Gefühl: Claudia Hammond analysiert unsere Zeitwahrnehmung

Claudia Hammond: „Tick, tack. Wie unser Zeitgefühl im Kopf entsteht“. Aus d. Engl. v. Dieter Fuchs. Klett-Cotta, Stuttgart 2019, 364 S., 22 Euro

Von Katharina Granzin

Was ist Zeit, und wie nehmen wir sie wahr? Warum scheint sie immer schneller zu vergehen, je älter wir werden? Und warum vergeht der Urlaub immer wie im Flug, scheint im Nachhinein aber unglaublich lang gewesen zu sein?

Die britische Publizistin und Radio­journalistin Claudia Hammond hat sich dieser und verwandter Fragen angenommen und die einschlägige kognitionswissenschaftliche Literatur gesichtet. Ihre gesammelten Funde präsentiert sie in launiger, allgemeinverständlicher Weise. Das ist unter bestimmten Bedingungen wunderbar. Zum Beispiel dann, wenn Sie auf der Suche nach einer netten Sachbuch-Urlaubslektüre sind, die Sie nicht zu sehr fordert und die Sie nebenbei am Strand lesen können.

Von Hammond die Zeit erklärt zu bekommen, ist in etwa so, wie einer etwas aufdringlichen alten Bekannten zuzuhören, die an sich charmant und smart ist, aber leider zu viel redet und sich dabei auch noch ständig wiederholt. Zu gefühlt jeder Studie, die sie vorstellt, hat die Autorin eine Anekdote aus dem eigenen Leben parat, die sie seitenweise narrativ ausschmücken kann, ohne dass dadurch der Erkenntnisgewinn stiege.

Wenn man das redundante Radiotanten-Dampfgeplauder abzieht, also etwa die Hälfte des bedruckten Papiers, bleibt aber immer noch eine Menge Stoff übrig, der interessant ist und tatsächlich zum Nachdenken anregt: Wie unterschiedlich wir Zeit imaginieren zum Beispiel (viele Menschen sind Zeit-Raum-Synästhetiker, aber längst nicht alle) und inwiefern diese Vorstellungen abhängig sind von der Richtung, in die wir schreiben. Und wie sehr verschieden unser individuelles Verhältnis zu den drei Zeitdimensionen sein kann.

So scheint es essenziell für ein erfülltes Menschenleben, eine gesunde Position zwischen diesen drei Dimensionen zu finden: verankert zu sein in der Gegenwart, aber mit stabiler Basis in der Vergangenheit und einem realistischen Draht in die Zukunft. Das haben nämlich Wissenschaftler herausgefunden.

In etwa diese Erkenntnis mündet Hammonds Buch, das zum Schluss immer mehr zu einem handelsüblichen Ratgeber wird. Im Preis inbegriffen: Achtsamkeitsübungen zum Selbermachen.