: Gegen Schwarz-Gelb formiert sich Widerstand in der Provinz
SOZIALFORUM Hunderte Atomkraftgegner und Kapitalismuskritiker treffen sich im Wendland
BERLIN taz | Der Weg aufs Land ist wohlkalkuliert. Zum dritten Mal gibt es an diesem Wochenende ein Sozialforum in Deutschland. Doch nach den Zusammenkünften 2005 in Erfurt und 2007 in Cottbus werden sich die sozialen Bewegungen diesmal in niedersächsischen Hitzacker nahe Gorleben versammeln. „Im Wendland zeigt sich die Verankerung einer sozialen Bewegung in der Bevölkerung“, sagt Koordinator Simon Kramer. Dort werde „deutlich, wofür es sich zu kämpfen lohnt“.
Er hofft, die örtliche Entlegenheit durch die aktuelle Entwicklung wettmachen zu können. Das Forum sei „das erste Treffen der sozialen Bewegungen nach der Wahl“, und es werde ein Signal an Schwarz-Gelb aussenden: „Es gibt eine Bürgergesellschaft und die ist nicht einverstanden mit neoliberaler Politik,“ sagt er. Kramer rechnet mit mehreren hundert Teilnehmern.
„Die Krise hat einen Namen: Kapitalismus“ ist dieses Jahr das Motto des Forums. Zeitgleich wird auch die Anti-Atom-Herbstkonferenz in Hitzacker tagen. Ein Übergewicht der Atomfrage fürchtet Kramer trotzdem nicht: „Beide Themen sind gleich wichtig,“ sagt er, denn schließlich „hängen ja die Energie- und die Wirtschaftskrisen zusammen.“ Ohnehin könne die Atomfrage „nach der Wahl, den ganzen Pannen in Krümmel und der Asse und den neuesten Enthüllungen zu Gorleben“ gar nicht wichtig genug sein, findet Organisator Kramer.
Willi van Ooyen von der Frankfurter Friedens- und Zukunftswerkstatt und hessischer Linkspartei-Abgeordneter hat die Sozialforen in Deutschland mit aufgebaut. Auch er ist zuversichtlich, dass sich die thematische Vielfalt, die die Foren bisher kennzeichnete, beibehalten lässt: „Hartz IV, Afghanistan, der Klimagipfel in Kopenhagen, das wird alles eine Rolle spielen,“ sagt er. Trotzdem soll eine Fokussierung am Ende des Forums stehen: „Wir werden am Sonntag entscheiden, mit welchen Schwerpunkten wir 2010 in die politischen Auseinandersetzungen gehen wollen.“
Sowohl die bisher etwas schlaffe Mobilisierung als auch die Tatsache, dass so gut wie keine Referenten aus dem Süden der Welt auf dem Programm stehen, erklären van Ooyen und Kramer mit Geldnöten. Wegen der Bundestagswahl hätten die Hauptsponsoren BUND, Attac und Gewerkschaften ihre Zuwendungen spürbar zurückgefahren. „Wir leiden immer darunter, wenn Wahlkämpfe stattfinden. Viele soziale Bewegungen zerreiben sich darin,“ sagt van Ooyen. CHRISTIAN JAKOB
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