aufgehübscht
: Das Nadelöhr der Welt

Über Venedig zu sprechen, dafür gäbe es in Hamburg manchen Grund. Die Sache mit den Kreuzfahrtschiffen zum Beispiel: hier wie da ein Thema, sogar ein immer größer werdendes. Da ist es doch interessant, wie so eine Destination mit dem Wunsch umgehen kann, nicht zu Tode angelaufen zu werden. In Hamburg über Venedig gesprochen wird aber vor allem doch auf eine andere Weise, nämlich als Weitpinkeln: Wer hat noch mal die meisten Brücken? Na?

Wie so oft, wenn sich in dieser Stadt so eine Rede erst mal verfestigt hat, braucht niemand kommen mit so was Schnödem wie der Realität. Nehmen wir zum Beispiel die Köhlbrandbrücke: Jahre-, ach was, jahrzehntelang zuverlässig als Wahrzeichen wiedergekäut, ist das Schrägseilschmuckstück inzwischen baufällig, aber vor allem: nicht hoch genug für das heutige Containerschiff.

Während das Beseitigen den einen nicht schnell genug geht – denen nämlich, deren Warenfluss so was hemmt –, jammerten andere dieser Tage, der Bund könnte größere Geldbeträge, schon eingeplant für einen Ersatz, vielleicht doch nicht nach Hamburg überweisen. Als Wahrzeichen jedenfalls scheint die Köhlbrandbrücke nicht mehr nötig – wir haben ja jetzt dieses Konzerthaus mit dem Rückenkamm.

Nun gab der Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer gerade eine andere Brückenbaumaßnahme bekannt, und interessant ist daran das Wie: Ab Montag saniert man die Lombardsbrücke. Dauern soll das bis zum Herbst kommenden Jahres, aber solche Arbeiten, weil „witterungsabhängig“, können schon mal anders verlaufen als geplant.

Nun ist diese Alsterquerung von 1865 ja wirklich nicht unwichtig für den motorisierten Individualverkehr, und nicht nur für den: Auch S- und sonstige Bahnen fädeln sich ja durch dieses Nadelöhr, das also irgendwann mal repariert werden muss, das leuchtet ein. Was aber, schreiben die Straßen-, Brücken- und Gewässerverantwortlichen, starte da am Montag? Die letzten Arbeiten für die „Restaurierung des beliebten Fotomotivs“.

Sollte am Ende in dieser Stadt Bestand vor allem haben, was Touristenobjektive und Instagramfeeds freut? Hätte das doch mal wer der Köhlbrandbrücke gesagt. Oder den City-Höfen. Oder dem Deutschland-Haus am Gänsemarkt, dessen letzten Reste dieser Tage gerade auf dem Bauschutt landen. Oder, oder, oder. Alexander Diehl