wortwechsel: Die Hohenzollern – schamlos wie eh und je?
Die Hohenzollern unterstützten Hitler – und beharren auf ihrem Rückkehrrecht ins Schloss Cecilienhof in Potsdam. Interessiert uns heute noch die adelige Niedertracht von gestern?
„Noch Platz auf dem Sofa: In Schloss Cecilienhof in Potsdam stiefelten die Hohenzollern mit Hakenkreuzbinden herum. Heute will der Clan dort wieder wohnen“, taz vom 5./6. 10. 19
Passé. Perdu. Vorbei
Ihre Darstellung der politischen Handlangerdienste der Mitglieder der Hohenzollern-Familie war erhellend, wenngleich die schlichte Tatsache, dass es in Deutschland Adel seit dem Jahre 1919 nicht mehr gibt, bedauerlicherweise keinen Eingang in den Artikel gefunden hat. Dabei verdient diese gesetzgeberische Leistung der Weimarer Republik durchaus Hochachtung, auch wenn die Rechtslage offensichtlich in Deutschland leider so gut wie unbekannt ist.
Wolfgang Möller, Ludwigshafen
Verantwortung leugnen
Als Ururenkel des letzten deutschen Kaisers, der wie ein „Schlafwandler“ (Christopher Clark) die Welt maßgeblich mitverantwortlich in den Ersten Weltkrieg geführt hat und damit in der direkten Verantwortung für mehr als 20 Millionen militärische und zivile Opfer steht, würde ich mir mehr Respekt vor der historischen Verantwortung der Familie der Hohenzollern von Georg Friedrich von Preußen wünschen. Die erzwungene Abdankung seines Ururgroßvaters 1918 führte nur zu einem Verlust der militärischen und politischen Macht, nicht aber zum Verlust der Ländereien und des Vermögens der Familie. 1913 war die Familie der Hohenzollern bereits unter den zehn reichsten deutschen Familien; dass sie – mit zahlreichen anderen Familien des alten deutschen Adels – auch heute noch zu den reichsten Deutschen gehört, liegt ausschließlich an der Gnade der familiären Geburt. Ein Erbe ohne jegliche Verantwortung und gepaart mit der später eingenommenen Funktion als Steigbügelhalter für Hitler. Das erinnert mich, ehrlich gesagt, alles ein wenig an den zum Glück erfolglosen Kampf von Edda Göring um die Latifundien ihres Vaters. Richard Kohnen-Vogell, München
Hartz IV für die Hoheiten
Obgleich der Adel in Deutschland 1919 abgeschafft wurde – anstatt ihm den Prozess zu machen –, einhergehend mit vollständigem Vermögensentzug, macht dieser Adel, siehe die Hohenzollern, keck von sich reden, wie Verbrecher, die durch den Rost der Gerichtsbarkeit gefallen sind, sich erkühnen, Klage um Entschädigung zu führen. Kaiser Wilhelm II., der, fahnenflüchtig, 1918 Exil in Doorn/Holland suchte und fand, weil das europäische Adelshilfswerk funktionierte: Selbst der britische König bot ihm Exil an, um ihn vor der Anklage durch internationale und nationale Gerichtshöfe zu schützen – unter anderem wegen des völkerrechtswidrigen Angriffs auf Belgien, Besetzung, Drangsalieren der dortigen Bevölkerung durch Zwangsarbeit, einhergehend mit Massenerschießungen.
Wenn also die Hohenzollern im Wege von Entschädigungsforderungen ihren Prozess kriegen wollten, sollten sie ihn kriegen, mit dem mutmaßlichen Ergebnis des vollständigen Vermögensentzugs bei Zubilligung von Grundsicherung. Hartz IV sollte die soziale Härte, wenn nicht abfedern, so doch mildern.
Joachim Petrick auf taz.de
Das waren Raubkrieger
Bevor diese Preußen irgendwelche Forderungen stellen, sollten sie erst einmal Schadenersatz für die vielen Verbrechen ihrer Vorfahren zahlen, die ja so das ganze Vermögen zusammengeraubt haben.
Da wäre der Völkermord in Afrika, den dieser Wilhelm zu verantworten hat. Auch alle Raubkriege der vergangenen hundert Jahre. Nicht nur die schlesischen Kriege des sogenannten großen Friedrichs!
Martin Heidemann, Passau
Schuhlöffel für die Nazis
In Briefen an seinen Vater hat Wilhelm bereits 1928 von der „genialen Brutalität“ des italienischen Faschismus geschwärmt; er nannte diesen Faschismus eine „fabelhafte Einrichtung“, der es gelungen sei, Sozialismus und Demokratie mit Stumpf und Stiel auszurotten. Eine Woche vor der „Machtergreifung“ spendet er einen Kranz für den zum Märtyrer stilisierten SA-Führer Horst Wessel, eine Geste, die er einen Monat später durch seine Anwesenheit im Berliner Dom noch steigert, als dort dem erschossenen SA-Sturmführer Hans Eberhard Maikowski, Führer des sogenannten „Mordsturms 33“, mit gewaltigem Aufwand gehuldigt wird.
Mit diesen öffentlichen Solidarisierungen der Hohenzollern mit den Schläger- und Mordmethoden der NS-Bewegung sollte der Clan, der heute Ansprüche erhebt, konfrontiert werden.
Für die Außendarstellung des NS-Regimes verwendete sich der Prinz ebenfalls mit Eifer. Als Gewalt- und Willkürakte gegen jüdische Bürger zu internationalen Protestwellen führen, nutzt er seine Auslandskontakte mehrfach zur Abfassung offener Briefe, in denen er für das NS-Regime wirbt. In einem Brief an die amerikanische Operndiva Geraldine Farrar schreibt er im April 1933, die Juden hätten christliche Eliten vertrieben und seien verantwortlich für die Wirtschaftskrise. Dem „genialen Führer Adolf Hitler“ müsse man die notwendige Zeit für „gewisse Aufräumarbeiten“ lassen, sein Kampf gegen den Kommunismus werde „für die ganze Welt“ geführt, die ihm das noch danken werde. Seit wann werden rassistische Clans dafür belohnt, dass sie wie Schuhlöffel dem größten Massenmörder und Rassisten aller Zeiten zu einem Amt verholfen haben? Coriander29 auf taz.de
Dänemarks Widerstand
Mag die im taz Artikel zitierte damalige Veröffentlichung der dänischen Zeitung von 1934 über Hohenzollerns Hingabe an die Nazi-Ideologie Hitlers zu einer Distanzierung der dänischen Aristokratie gegenüber Nazideutschland geführt haben?
Nachdem die Wehrmacht und die SS das neutrale Dänemark im WK2 besetzt hatten, spielte das dänischen Königshaus eine wichtig Rolle für die Erhaltung der liberalen Kultur, als eine Art der Symbolisierung des eigenen Bewusstseins gegen die Besatzer! Die dänischen Juden wurden des Nachts nach Schweden, in die Freiheit, gebracht. Der dänische König ritt fast jeden Tag durch die Straßen Kopenhagens, um der Bevölkerung Mut zu machen. Als moralisch/ethisches Symbol des zivilen Staates! Und nun die Hohenzollern in der BRD? Denen geht es doch nur ums Geld, oder um die Befeuerung hässlicher, alter Ideologie des provinziellen Denkens!
Vergessene Liebe auf taz.de
Lesen Sie Remarque
Das war eine gute Fotostrecke, danke dafür. Bilder sind dann doch immer wieder frappierend direkter als alle Worte. In diesen Zusammenhang passend, und auch wenn dies gegebenenfalls juristisch irrelevant ist, bitte ich die taz höflich um weitere Bilder der Kriegsopfer von 1914 bis 1918, als diese adelige Familie zu ihrem Wohle die Männer ihres Landes und der benachbarten in diesen entsetzlichen Schlachten metzeln ließ. Ich erinnere mich, Menschen ohne Beine, Augen, Unterkiefer, Armen gesehen zu haben, Gastote, Zerfetzte. Man lese mal wieder Remarque. Lars G. auf taz.de
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