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HAMBURGER SZENE VON REBECCA CLARE SANGERFast wie in Berlin

Einer von uns beiden muss aufs Land ziehen. Entweder sie oder ich. Die Stadt ist nicht groß genug für uns beide

Es gibt ja manche Cafés hier in Hamburg … wie in Berlin! So nette alte Möbel! Draußen stehen plötzlich zwei hochgewachsene, blonde Menschen. Sie hat einen Kinderwagen, er einen Leinenanzug. Breitbeinig steht er vor der Tafel mit dem Essensangebot. „Habt ihr auch ’ne Karte?“, und das Mädchen hinter dem Tresen macht ihn auf die Tafel aufmerksam, neben der er steht. „Ahh Arrabiata. Ich liebe Arrabiata am Morgen. Manchmal will ich am Morgen einfach nur Nudeln!“ Er zwinkert ihr hinter dem Tresen zu.

Dann sitzen sie zusammen in der Mitte des Raumes, der Kinderwagen steht quer im einzigen Durchgang. Ein weiteres Paar mit einem weiteren Kinderwagen kommt rein, der erste Wagen steht im Weg, die Eigentümerin tut nichts. Dafür sagt sie zu ihrer Begleitung, sie wolle ein Haus im Wendland kaufen. „Da ist es ja so erholsam.“

Als die neuen Gäste bestellen wollen, quetschen sie sich ein zweites Mal an dem Gefährt vorbei. Keine Reaktion. Dabei sitzt die Eigentümerin direkt hinter ihrem Kindergefährt. Zum Bezahlen quetsche auch ich mich vorbei. Ich fühle mich ähnlich entmachtet, als würde ich mit dem Rad auf einem engen Fahrradweg fahren und vor mir steht geparkt ein dicker Mercedes.

Eine von uns beiden muss aufs Land ziehen. Entweder sie oder ich. Die Stadt ist nicht groß genug für uns beide.

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