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Esther Slevogt betrachtet das Treibenauf Berlins Bühnen

Die Bühnensensation der Woche findet im Friedrichstadtpalast statt. Dort nämlich kommt unter der Überschrift „Glauben an die Möglichkeit der völligen Erneuerung der Welt“ am 9. 10. ein neues Stück von René Pollesch heraus, Autor, Regisseur und designierter Intendant der Berliner Volksbühne. Die Arbeit entstand gemeinsam mit Co-Regisseur und Schauspieler Fabian Hinrichs, von dem auch das Musikkonzept des Stücks stammt. Neben Hinrichs wirken außerdem 26 Tänzer*innen der berühmten Palast-Compagnie mit. Das Projekt steht im Kontext der Jubiläumsspielzeit 2019/20 „Ein Jahrhundert Palast“, mit der sich der Friedrichstadtpalast ehrgeizig auf seine große Vergangenheit bezieht, der nämlich 1947 im legendären Bau von Max Reinhardts Großem Schauspielhaus eröffnet wurde. 1919 hatte der Architekt Hans Poelzig in Reinhardts Auftrag einen ehemaligen Zirkus umgebaut und damit einen der bedeutendsten Theaterbauten des 20. Jahrhunderts geschaffen. In den 1920er Jahren verpachtete Reinhardt das Riesentheater, entstanden hier dann u. a. die berühmten Revuen von Eric Charell, aber auch von der KPD finanzierte legendäre politische Revuen von Erwin Piscator. Die Nazis führten das Haus als „Theater des Volkes“ fort. Max Reinhardt war enteignet worden. 1950 ging der Bau in Volkseigentum der DDR über und wurde Anfang der 1980er Jahre wegen Baufälligkeit abgerissen. Das Grundstück wurde nach der Wende an Reinhardts Erben restituiert. Seit 1984 befindet sich der Friedrichstadt-Palast, der Berlins meistbesuchte und größte Bühne und deshalb vielleicht auch die wahre Volksbühne ist, an seinem jetzigen Standort in der Friedrichstraße. Hier wagen sich Pollesch und Co. nun mit Todesmut aufs Revueparkett (Friedrichstadtpalast: „Glauben an die völlige Erneuerung der Welt“, Premiere 9. 10., 19.30 Uhr).

Eine andere Volksbühne, ein anderer Volksheld: Rio Reiser nämlich, der (mit seiner Band „Ton Steine Scherben“) den Menschen riet, kaputt zu machen, was sie selbst kaputt macht, und König von Deutschland werden wollte – um dieses Deutschland zu einem besseren zu machen. In der Komödie am Kurfürstendamm, die abrissbedingt aktuell im Schiller-Theater spielt, kommt am 6. 10. nun „Rio Reiser – Mein Name ist Mensch“ heraus, ein Schauspielmusical und musikalisches Biopic, das auch ein Stück Westberliner Stadtgeschichte erzählt. Geschrieben haben das Stück Frank Leo Schröder (der es auch inszeniert) und Gert C. Möbius, Rio Reisers Bruder (Komödie am Kurfürstendamm: „Rio Reiser. Mein Name ist Mensch“, ab 6. 10. , 19.30 Uhr, Voraufführungen 3.–5. 10.).

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