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Sprüth MagersDas Wissen der Welt fassen

Hanne Darboven, „Erdkunde und (Süd-)Koreanischer Kalender“. Installationsansicht bei Sprüth Magers, Berlin, 2019 Foto: Timo Ohler

Als im Jahr 2014 der Brockhaus das Aus seiner gedruckten Ausgabe verkündete, ging eine Ära zu Ende. Die einstige Instanz des Wissens konnte sich gegen die kostenfrei digital zugängliche Wikipedia nicht mehr länger behaupten. Vor allem nicht gegen das Tempo, mit der die anonyme Gemeinschaft der Wikipedia-Autor*innen sich selbst kontrolliert, Einträge korrigiert und aktualisiert .

Was Hanne Darboven (1941–2009) wohl von dieser Art der Wissensaufbereitung gehalten hätte? Ihre enzyklopädische Arbeit „Erdkunde I, II, III“, die derzeit erstmals komplett bei Sprüth Magers ausgestellt wird, stammt aus dem Jahr 1986. Aus mehr als 700 Tafeln besteht sie, jeweils zusammengesetzt aus vier beschrifteten und beklebten DIN-A4-Bögen, auf denen Darboven Begriffe aus Lexikoneintragungen zu „Erde“ oder „Erdkunde“ mit schwarz-weißen Abbildungen assoziativ verbindet. Sie entwirft eigene Ordnungssysteme, befüllt mit Zeilen über Zeilen der von ihr entwickelten zu gleichförmigen Schwüngen abstrahierten Schrift.

Bis 21. 12., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Oranienburger Str. 18

Darboven ging es stets darum, sich mit der Welt, mit Geschichte und Gegenwart in Beziehung zu setzen, auf subjektive Art und Weise, zeitaufwendig, mit selbst auferlegten Regeln. „Erdkunde“ scheint den Fokus auf die physische Präsenz von Weltwissen zu setzen, was sich in einer Zeit, in der dieses nicht mehr in laufenden Regalmetern messbar ist, sondern zumindest theoretisch jederzeit überschreibbar wäre, als einen Appell zu Aufklärung, zur steten Auseinandersetzung mit dem, was wir Kultur nennen, lesen. (bsh)

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