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Alexander Nabert Mitarbeiter der WocheDie Friedrichs

Das Ehepaar Silke und Holger Friedrich hat diese Woche für eine Überraschung im Medienbetrieb gesorgt. Sie kauften der Mediengruppe DuMont den Berliner Verlag ab, der die Berliner Zeitung und den Berliner Kurier herausgibt. Auch wenn das Kartellamt noch zustimmen muss, hat das Ehepaar, das bislang noch nicht in der Medienbranche aktiv war, damit schon jetzt für den größten Coup auf dem Berliner Zeitungsmarkt seit Jahren gesorgt. Nachdem der Verlag britischen Investoren und dann dem Kölner Konzern gehört hat, ist die Berliner Zeitung nun wieder in der Hand von Berlinern.

Holger Friedrich erzählt im ersten Interview, das die neuen Verleger natürlich der Berliner Zeitung gaben, dass er schon als Kind in Ostberlin die Berliner Zeitung gelesen habe. Die kam ihm damals „etwas weniger gebeugt“ als das Neue Deutschland vor. Auch Silke Friedrich ist Ostberlinerin, gelernte Bürokauffrau und hat gemeinsam mit einem der „Loveparade“-Gründer den ehemaligen Technoclub E-Werk als Eventlocation in Mitte wiederbelebt. Sie sagt, dass ihre Hauptmotivation zum Kauf des Berliner Verlags gewesen sei, einen Beitrag zum „gesellschaftlichen und politischen Diskurs“ zu leisten.

Ihr Ehemann, gelernter Werkzeugmacher, lange in der IT- und Tech-Branche aktiv, sagt, dass er auch Geld mit der Berliner Zeitung verdienen wolle – spricht beim Kauf dann aber von bürgerschaftlichem Engagement. „Wenn die Branche in einer Selbstfindungskrise ist, möchten wir zur Selbstfindung beitragen“, sagt Silke Friedrich. Gemeinsam mit ihrem Mann will sie den Verlag digital aufstellen. „Wir glauben nicht an den Abgesang des Journalismus“, sagt sie.

Das Ehepaar klingt in der Woche, in der der Kauf bekannt wurde, idealistisch, engagiert, innovativ und ehrgeizig. Ob das reicht, wird sich zeigen. Eine ehemalige Betriebsrätin äußerte diese Woche Angst vor Entlassungen. Aus der Belegschaft und den Journalistenverbänden ist derweil Positives, fast schon Begeisterung über die neuen Eigentümer zu hören. Kein Wunder: Jeder, der auch nur irgendeine Idee hat, ist wohl ein besserer Verleger der Berliner Blätter als DuMont. Um jedoch einen lange heruntergewirtschafteten Verlag neu, digital und innovativ aufzustellen, braucht es neben hehren Zielen vor allem die Bereitschaft, langfristig zu investieren.

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