: Fahrdienst mit Anlaufschwierigkeiten
Am heutigen Donnerstag sind die Busse des Sammel-Taxi-Anbieters Moia seit genau vier Monaten auf Hamburgs Straßen unterwegs. Die Bilanz fällt bisher eher durchwachsen aus
Von Marco Carini
So ganz professionell geht es bei Moia noch nicht zu. Auf die Frage, wie viele NutzerInnen die App zur Buchung der Sammeltaxis schon geladen haben und wie viele Fahrten bislang gebucht wurden, kann Moia-Sprecher Christoph Ziegenmayer nur verstaubte Juli-Zahlen liefern. 340.000 Buchungen waren bei Moia in den ersten 100 Tagen eingegangen, 250.000 NutzerInnen hatten die Moia-App damals geladen.
Warum Moia, in einem Zeitalter, in dem jede Buchung digital registriert wird, keine aktuellen Daten liefern kann, bleibt das Geheimnis des Fahrdienstleisters. Die aktuelle Zahl der in Hamburg derzeit eingesetzten Fahrzeuge kann Ziegenmayer immerhin nennen: knapp 130 „in Spitzenzeiten“, wie er es formuliert.
Präziser sind da schon die Moia-KundInnen: Die taz hat NutzerInnen befragt – ohne repräsentativen Anspruch. Laut dieser Umfrage bekommt der Shuttle-Service von vielen Fahrgästen gute Noten: „Schnell, günstig, komfortabel, flexibel, überwiegend nette Fahrer“ heißt es da. Viele NutzerInnen sind „sehr zufrieden“ mit dem neuen Angebot, das eine „gute und ökologische Alternative zum Taxi“ sei. Denn die Fahrzeuge rollen mit Elektroantrieb durch die Straßen.
Der weitaus größte Kritikpunkt ist, dass die Fahrzeuge „in den Stoßzeiten leider so gut wie nie verfügbar“ sind und es „Glückssache“ sei, ob man ein Fahrzeug bekomme. Auch Ziegenmayer bestätigt, dass man noch viele „Buchungen abweisen müsse“. Vor allem an den Wochenenden, in der Rush Hour und auch in den Abendstunden werde es manchmal eng. Und: Oft fahren die Fahrzeuge große Umwege, um weitere Fahrgäste aufzunehmen – „peelen“ nennt Moia das. Wer Moia bucht, sollte also Zeit mitbringen.
Schuld daran ist laut Ziegenmayer die zu kleine Flotte. Bis Anfang 2020 sollen 500 und 2021 dann 1.000 Wagen unterwegs sein. Erst dann, so Ziegenmayer, könnten die Leerfahrten und Umwege reduziert, alle Buchungen angenommen und der Einsatz-Radius erweitert werden. Denn heute ist im Osten in Horn im Norden in Wellingsbüttel, im Westen in Groß Flottbek und im Süden an der Elbe Schluss mit Moia. „Moia pickt sich nur die Rosinen raus“, schimpft deshalb der Wilhelmsburger SPD-Politiker Klaus Lübke: „Von der Veddel ab südlich werden auch in der geplanten Ausbaustufe keine Stadtteile bedient. So koppelt die Stadt Hamburg große Teile von der Entwicklung ab.“
Eine Flotte von Kleinbussen, betrieben von VW, kurvt durch Hamburg, Fahrgäste können per App ein Fahrzeug zu einer der 10.000 virtuellen Haltestellen rufen.
Der Moia-Bus ist kein Taxi, bringt die Fahrgäste aber so nah ans Ziel, dass sie höchstens 300 Meter laufen müssen.
Die Route zum Ziel berechnet der Computer und der bringt zugleich andere Fahrgäste mit ähnlichem Ziel zusammen. Bei mehr als 60 Prozent der Fahrten sitzen nach Unternehmensangaben zwei oder mehr Gäste in dem Kleinbus – sechs Leute können mitfahren.
Ein weiteres Moia-Problem: Buchungsfehler können nicht korrigiert werden. Wer etwa versehentlich auf der App nur für einen Fahrgast bucht, obwohl er zu zweit unterwegs ist, kann keinen Sitzplatz nachbuchen, auch wenn das Fahrzeug völlig leer ist – es bleibt nur die Stornierung. Obwohl dieses Problem Moia seit Monaten bekannt ist, wurde bislang keine Abhilfe geschaffen: „Kurzfristig Personen zubuchen zu können“, sei „eine der Funktionen, die wir prüfen und entwickeln werden“, verspricht Ziegenmayer. Die App werde ständig weiterentwickelt.
Ein weiterer Kritikpunkt an Moia: Für die FahrerInnen gibt es keinen Tarifvertrag, und es gibt keinen Betriebsrat. „Wir zahlen über zwölf Euro und damit übertariflich“, hält Ziegenmayer dagegen. Dazu kämen noch Wochenend- und Nachtzuschläge.
Wie die Öko-Bilanz von Moia aussieht, ist noch völlig unklar. Niemand weiß, ob die NutzerInnen vom privaten Auto oder vom Nahverkehr auf die Sammelbusse umsteigen oder ob Moia nur eine Alternative zum Taxi ist. Um das herauszufinden, haben sowohl Hamburg wie auch Moia zwei Studien in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse noch länger auf sich warten lassen werden. Erst dann wird klar sein, ob Moia den Straßenverkehr entlastet oder sogar Zusatzverkehr produziert.
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