: Schneeweiss und Rosenrot, das klingt doch fast wie eine Geschichte aus Canterbury
Tolles Album. Wobei sich das möglicherweise als eine Wertschätzung zweiter Ordnung anhören mag, wenn man eine neue CD einfach einmal deswegen toll findet, weil sie einen an andere tolle Alben erinnert von völlig anderen Bands, die noch dazu einigermaßen halbvergessen in der Geschichte zurückliegen.
Aber es ist eben so, dass Schneeweiss und Rosenrot mit „Salt Crusted Dreams“ schon deswegen ein prächtiges Debüt gelungen ist, weil es in Melodie und Tonfall, in der musikalischen Eleganz und der Art, wie die Singstimmen durch die Songs geführt sind, so intensiv und unmittelbar an die Musik erinnert, wie sie einst in den Siebzigern von den Bands der Canterbury-Szene gepflegt wurde. Tatsächlich drängt es einen beim Hören von Schneeweiss und Rosenrot zwischendurch immer wieder ans Plattenregal, um dort nach den Scheiben von Hatfield and the North, von Egg und auch den mittleren Soft Machine zu suchen. Und so was muss ein neues Album erst einmal schaffen. Wobei Schneeweiss und Rosenrot diesen milden Canterbury-Jazzrock noch nicht einmal wirklich nacharbeiten. Möglicherweise kennt man den bei dem international besetzten Berliner Quartett sogar gar nicht. Es geht also keineswegs um eine historische Rekonstruktion alter Musikmodelle, an der sich gern weiter die vielen Progrockgruppen versuchen dürfen. Nur dass man bei denen halt so gut wie nie den Reflex hat, ans Plattenregal zu müssen. Macht man es trotzdem, dann nur zur vergleichenden Häme, dass früher das Original doch besser war als die nachgefertigte Kopie.
Um so eine Äffung aber geht es hier nicht. Stattdessen hat man eine durchaus von früher her vertraute musikalische Essenz, die nun eben anderswo aufgehoben ist, im Hier und Heute. Avancierter Pop-Jazz als Schlagwort dafür würde wohl passen. Schönes Album. THOMAS MAUCH
■ Schneeweiss und Rosenrot: „Salt Crusted Dreams“ (Calibrated Music/Edel) Release-Konzert Donnerstag A-Trane, Bleibtreustr. 1, 22 Uhr