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Archiv-Artikel

Wieder Zeit für den Exzess

Am morgigen Samstag spielen Wolfmother im Columbia Club. Vor dem offiziellen Auftritt gibt es noch einen „exklusiven“ Geheimgig irgendwo in Kreuzberg. Mehr darf jetzt wirklich nicht verraten werden, weil es sonst ja kein Geheimgig mehr wäre, aber verschweigen wollte die an dieser Aktion beteiligte Promotionagentur dann doch nicht, dass die australische Band bei einer Werbeveranstaltung für eine Schnapsbrennerei antreten wird, die wiederum gerade ihr Produkt in einer speziellen Geschenkverpackung auf den Markt bringt, nietenbesetzt und aus Leder. Was bei der Schnapsbrennerei als ein Brückenschlag zum Rock verstanden wird.

Wolfmother machen übrigens eine Musik, die man genau so bereits im Umschlag der Sechziger in die Siebziger hat hören können. Hardrock. Wer sich etwa eine Platte von der Band Free kauft, hat damit im Wesentlichen auch Wolfmother musikalisch abgedeckt. Free hatten mit „All Right Now“ ihren Hit für die Ewigkeit.

Es gibt eben durchaus Beständigkeiten in dem gern als schnelllebig verschrienen Rockgeschäft, das als Werbemaßnahme für sich selbst gern den Exzess pflegt. Früher, zur Flegelzeit des Rock, wurden von den Zeitungen eigentlich nur die Polizeireporter zu Rockkonzerten geschickt. Die sollten sich vergewissern, ob nicht wieder mal ein Konzertsaal vom agitierten Publikum zu Klump geschlagen wurde. Eine Sitte, die sich dann doch legte. Das mit dem Konzertsaalzertrümmern. Deswegen müsste man wirklich einmal prüfen, wann eigentlich die Rockstars selbst damit angefangen haben, ihre Hotelzimmer zu verwüsten, wie das mal ein guter und gern reportierter Brauch im Rock war, der heute bestenfalls als ironisches Zitat von manchen Rockern geübt wird. An Schlagzeilen über aus der Rolle fallende und damit genau ihre Rolle ausübende Stars fehlt es aber auch heute nicht. Deswegen kennt man doch Pete Doherty. Wären Rockmusiker Festangestellte, müsste der Arbeitgeber schon über eine Abmahnung nachdenken, wenn seine Beschäftigten nicht wenigstens zwischendurch mal drogenvernebelt auf der Straße aufgefunden würden oder zumindest in eine Prügelei verwickelt sind.

Als musikalischer Begleiter von sagen wir mal Kamillentee wird man den Rock also weiter nicht hören. So wild und gefährlich will man in der Werbung nicht denken. Eigentlich bleibt dem harten Rock als Werbepartner nur die Bekleidungsindustrie mit den Jeans (weiter die Arbeitskleidung im Rock) und das Feld der halt noch legalen Drogen. Bier und Schnaps.

Was ja weiterhin ein attraktives Modell sein kann. Das Konzert von Wolfmother am Samstag im Columbia Club ist ausverkauft. THOMAS MAUCH