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wortwechselPolitik und Fun in Bochum, Kommerz in Berlin

Kein Aufstand, sondern Plattform für Konzerne – das ist heute die Christopher Street Parade der Hauptstadt. Es gibt aber Alternativen. Außerdem: Golf in Irland und kluge Krimis

Jetzt noch geflasht

„Hauptsache, Heten haben Spaß“,

taz vom 29. 7. 19

Liebes taz-Team, ich danke euch für diesen interessanten Artikel. „CSD verkommt zu einer Karnevalsveranstaltung“– so was ist auch von anderen CSD-Paraden zu hören gewesen. Ich möchte euch auf den CSD in Bochum unter dem Motto „Stonewall was a Riot“ hinweisen. Nach etwa 20 Jahren waren sich diverse AktivistInnen verschiedener Initiativen einig: Bochum braucht wieder einen CSD. So haben wir es geschafft, in diesem Jahr am 20. Juli einen CSD mit Fest und anschließendem Umzug auf die Beine zu stellen. Statt der geplanten 500 Menschen kamen trotz Gewitter und zeitweiligem Starkregen knapp 3.000 unglaublich tolle Menschen! Wow! Cocktails und Getränke gab es gegen Spende, für das leibliche Wohl haben die jungen Menschen von Fridays for Future gesorgt, natürlich gegen Spende, sodass das Fest unkommerziell blieb. Neben Musik der Bochumer Band Die Fredes und Darbietungen von Dragqueens gab es auch politische und kritische Redebeiträge sowie Poetry Slam.

Die Transparente der bunten, friedlichen Demo enthielten sehr wohl politische Aussagen, richteten sich gegen jede Form von Diskriminierung und zeigten sich solidarisch mit Geflüchteten. Wir sind jetzt noch geflasht! Bei uns hatten sicher nicht nur, aber auch Heten Spaß! Wir freuen uns auf das nächste Jahr, dann sagen wir euch vorher Bescheid, damit ihr mit uns feiern könnt. Daniela Collette, Bochum

Das war kein Schlandfest

„Hauptsache, Heten haben Spaß“,

taz vom 29. 7. 19

Der CSD ist ein kommerzielles Massenereignis, wo People of Color (POC) unterrepräsentiert sind, was für eine Überraschung! Wir sprechen doch grad so viel über Berichterstattung an sich; zum Beispiel was die Landtagswahl in Sachsen angeht – klar kann man im Artikel über den CSD diesen einen Typen nennen, der komplett in Deutschlandfarben gekleidet war. Man hätte doch aber auch von den spießigen Eltern schreiben können, die unsicher aber neugierig ihre etwa 15-jährige Tochter und deren Freundin begleiten – mein Erlebnis auf dem Hamburger CSD vor zwei Jahren. Solche Geschichten gab es sicherlich auch auf dem diesjährigen in Berlin. Dafür hätte man aber hinschauen und mit Menschen sprechen müssen.

Der Artikel erweckt auch durch die Unterzeile: „Ihr Fazit: Kommerz in Deutschlandfarben“, den Eindruck, der CSD in Berlin sei absolutes Schlandfest gewesen. Das wage ich sehr zu bezweifeln. Jede Deutschlandfahne ist eine zu viel. Aber dass sich bei rund einer Million Besuchenden auch von deren Träger*innen ein paar hierhin verirren – nicht überraschend.

Das Motto: „50 Jahre Stone­wall – Jeder Aufstand beginnt mit deiner Stimme“, ist mit den von den Autor*innen genannten Sponsoren tatsächlich problematisch. Und Sätze wie: „Zwischen Institutionen und Konzernen wie Bundeswehr, Polizei, Evangelischer Kirche, PayPal oder Bayer ausgelassen zu feiern, während all jene das restliche Jahr über keinen positiven Beitrag für queere Communities leisten, erscheint nicht nur widersprüchlich, sondern auch heuchlerisch“, treffen doch den Nagel auf den Kopf. Wieso nicht mehr davon? Wieso stattdessen mit Hunderten von Zeichen Gräben beschwören? Beschreibungen wie „irgendwelche weiße Hetero-,Allies‘ und bürgerliche Schwule, die besoffen zu dem einzigen türkischen Song, den sie kennen, tanzen“, finde ich schlicht scheiße in diesen Zeiten. Was bitte, sollen weiße Heten denn tun, wenn nicht versuchen, möglichst gute Verbündete und Supporter*innen zu sein?

„Vattenfall („Powered by Diversity – 100 % Toleranz“) zum Beispiel kriegt es nicht mal hin, repräsentativ ein paar Token-Kanak_innen auf ihren Wagen aufzunehmen.“ Im Ernst? Als hätten die Autor*innen nicht genau das zerfleischt, wäre es so gewesen. Die Autorinnen beschweren sich über„Bürgis“, als dürfte es keine spießige Lesbe im Reihenhaus geben, und stellen mit einer unverständlichen Arroganz fest, dass die „Wägen voller Heteros“ sind. Das habt ihr denen an der Nase abgelesen, dass die nicht queer sind, oder was? Am Rüschenkleid, das nicht den Schnitt hatte, um als camp durchzugehen?

Der Dyke March wird kritisiert mit: „Hier stießen wir auf keine einzige Person aus der queerfeministischen Community.“ Ach, und das ist natürlich eure Deutungshoheit, zu bestimmen, wer zur queerfeministischen Community gehört? Müsst ihr die mit Namen kennen? Laura Becker, Hamburg

Sexualität ist keine Wahl

„Brigitte Baptiste, trans und Ökologin, Nr. 1 in Kolumbien“, taz vom 25. 7. 19

„Geboren als Luis Guillermo Baptiste, entschied sie sich mit 35 Jahren als Frau zu leben“, schreibt ihr. Ernsthaft, taz? Sowohl die Verfasserin als auch die Chefredaktion dachten sich bei diesem Satz, passt schon so? Trans sein ist ebenso wenig eine Wahl wie Sexualität eine Wahl ist. Und überhaupt, Sie hielten es für angemessen, über ihren Kleidungsstil und vor allem ihre Brust-OP zu schreiben? Sie würden wohl kaum bei einer Cis-Frau über Aussehen oder derart intime Dinge wie Brust-OPs schreiben, also lassen sie es doch auch bei trans Frau. Das sollte eigentlich nicht so schwierig sein. Therese Kah, Dortmund

Für Überraschungen gut

„Esoterik und Wissenschaft stehen sich gegenüber. Und dazwischen Architektur“, taz vom 27./28. 7. 19

Diese Kritik haben die „Lewis“-Oxford-Krimis nicht verdient. Schließlich überraschen diese Krimis immer wieder mit etwas exzentrischen Figuren des Oxforder Universitätsmilieus, wozu natürlich auch die Architektur ihr Übriges dazugibt. Und so einsilbig habe ich die Ermittler auch nicht erlebt, vor allem die Figur des James Hathaway ist immer wieder für Überraschungen gut. Die Serie ist auch keineswegs zum ersten Mal in ZDFneo zu sehen, vielmehr lief sie bereits vor einiger Zeit im Abendprogramm von ZDFneo. Im Fernsehprogramm der taz taucht ZDFneo leider nie auf. Helga Schneider-Ludorff, Oberursel

Nicht objektiv

„Demokratie auf Russisch“, taz vom 29. 7. 19

Ihre Überschrift hat Irritationen bei mir ausgelöst. Wie war das mit dem Hambacher Forst? Die Schülerdemonstration, angemeldet, im Schlossgarten Stuttgart und die eine Demo in Hamburg zum G8-Gipfel? Sie reihen sich mit dieser Überschrift ein in die Masse der Russlandkritiker, die jede Objektivität vermissen lassen.

Erich Zimmermann, Weilheim

Gesamtinselsport

„Der Golfer aus Fleischabfally“, „Halt einer der Iren“, taz vom 29. und 23. 7. 19

Als gebürtiger Ire sage ich besten Dank an Ralf Sotscheck für die Klarstellung: Shane Lowry stammt aus Clara in der Grafschaft Offaly und nicht aus Dublin. Dies lässt auch seinen Sieg bei der British Open viel leichter erklären. Wie von Herrn Sotscheck erläutert, ist der irische Name der Grafschaft Uíbh Fhailí, die Engländer machten Offaly daraus. Der Name der Stadt Dublin wurde auch anglisiert. Aus Dubh Linn (Schwarzer Teich) wurde Dublin.

Golf in Irland ist ein „Gesamtinselsport“: Die Golfing Union of Ireland ist der Dachverband für Amateurgolf für Männer und Jungen in Irland und Nordirland (die Irish Ladies Golf Union für Frauen). Golf wird als „Volksspiel“ angesehen und weniger als Spiel der Elite. Die jetzige goldene Ära des irischen Golfsports begann mit dem Sieg des Dubliners Pádraig Harrington bei der British Open 2007. Harrington gewann insgesamt drei Major-Turniere. Von den 50 Major-Turnieren der letzten 12 Jahren haben irische Golfer 10 Siege errungen. Drei Iren waren Kapitän des europäischen Ryder-Cup-Teams. Zu guter Letzt werden Rory McIlroy aus der nordirischen Grafschaft Down und Lowry bei der Olympiade 2020 gemeinsam für Irland starten. Golf in Irland ist eine vereinende Kraft, die über den verschiedenen sozialen Schichten und Konfessionen steht. Ein Vorbild für die Politik vor allem in den Zeiten von Brexit. Seán Adamson, München

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