: Fliegender Wechsel
Beim Sommer-Grand-Prix in Hinterzarten erzielt Stefan Horngacher, der neue Cheftrainer der deutschen Skispringer erste Erfolge. Der Österreicher profitiert dabei von seinen Kenntnissen der DSV-Strukturen
Von Klaus-Eckhard Jost
Es war nur ein simpler Wechsel des Arbeitgebers. Stefan Horngacher hat in diesem Frühjahr als Cheftrainer der polnischen Skispringer aufgehört und als Bundestrainer in Diensten des Deutschen Skiverbandes (DSV) angefangen. Dass er dabei mehr im Fokus stehen würde, war ihm auch klar. Doch mit Konsequenzen dieser Art hat der 49-Jährige nicht gerechnet. „Meine Kilometer mit dem Mountainbike sind deutlich gesunken“, sagt der Tiroler mit Wohnsitz in Titisee-Neustadt. Bei seiner Entscheidung, die er als „die definitiv richtige“ bezeichnet, hat er nicht bedacht, dass er nun greifbarer ist. Nach Polen konnte er eben nicht mal so schnell reisen. Jetzt wird er immer wieder zu Besprechungen in die DSV-Zentrale nach Planegg gebeten.
Gefreut hat ihn natürlich, dass er schon nach kurzer Zeit ein Erfolgserlebnis feiern durfte. Beim Sommer-Grand-Prix in Hinterzarten gewann am Nachmittag das deutsche Mixed-Team mit Juliane Seyfarth, Agnes Reisch, Richard Freitag und Karl Geiger. Und am Abend triumphierten seine beiden Jungs: Geiger gewann knapp vor Rekord-Weltcupsieger Gregor Schlierenzauer und Freitag. „Wir sind auf einem guten Weg“, sagte der Bundestrainer.
Der Übergang von Werner Schuster, der nach elf erfolgreichen Jahren beim DSV freiwillig seinen Vertrag nicht verlängert hatte, auf seinen Landsmann Horngacher ging reibungslos. Kein Wunder, schließlich war es für den Tiroler eine Rückkehr. Von 2006 bis 2011 war Horngacher Leiter des Stützpunktes Hinterzarten, trainierte Martin Schmitt. Danach holte ihn Werner Schuster als Co-Trainer in die Nationalmannschaft. Bis zum Frühjahr 2016. Damals wechselte er als Cheftrainer nach Polen. Kamil Stoch führte er zum Olympiasieg und Erfolg im Gesamt-Weltcup, Dawid Kubacki zum Weltmeister. Auch das Team holte bei der WM 2017 Gold.
Nach drei interessanten Jahren mit dem polnischen Team habe er nun ein paar kleine Dinge verändert, erzählt der Coach. Was? Das will der gebürtige Österreicher nicht preisgeben. Außer, dass direkt nach dem Weltcup-Finale in Planica die Pause ausgefallen ist. „Die Jungs waren noch in bestechender Verfassung“, erzählt er. Und in dieser Form ließen sich technische Korrekturen effizienter umsetzen.
Das Urteil von Weltmeister Markus Eisenbichler: „Mit der Umstellung komme ich gut zurecht.“ Dass solche Erfolge wie in Hinterzarten gut tun, das will Stefan Horngacher nicht leugnen. Schließlich musste er kurz nach seinem Antritt einen Rückschlag wegstecken. Anfang Juni hatte sich Andreas Wellinger verletzt. Der Olympiasieger war der dritte DSV-Springer, dem das Kreuzband in den letzten zwölf Monaten gerissen war. Zuerst passierte Severin Freund dieses Malheur zum zweiten Mal, dann folgte im Februar Nachwuchstalent David Siegel. Zumindest Freund wird in den nächsten Wochen wieder von der Schanze springen können.
Während Horngacher bei seinen Athleten in der kommenden Saison auf bewährte Kräfte setzt, nahm er in seinem Trainerteam größere Veränderungen vor. Jens Deimel blieb, Christian Heim und Bernhard Metzler rückten auf. Neu dabei ist Andreas Wank. Der Team-Olympiasieger wurde von Horngacher ein wenig zum Rücktritt als Springer gedrängt. „Andi kennt sich in allen Bereichen gut aus“, sagt Horngacher und zählt dann auf: Technik, Material, Athletik. Für Horst Hüttel steckt noch ein weiterer Aspekt hinter dieser Personalie. „Es ist nicht nur unsere Aufgabe junge Athleten, sondern auch junge Trainer zu entwickeln“, sagt der Sportliche Leiter Nordisch beim DSV.
Neu zum Team gehört auch Martin Schmitt. Der vierfache Weltmeister wird sich als Scout um den Nachwuchs kümmern. Chefcoach Horngacher begrüßt das Engagement des ehemaligen Spitzenspringers. Weil Schmitt das DSV-System gut kennt und Aufgaben auch an ihn delegiert werden können, wird Horngacher bald mehr Zeit für Ausfahrten mit dem Mountainbike haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen