Wendland, du machst es besser

Die Gegend, die durch die Aktionen der Anti-Atomkraft-Bewegung bekannt wurde, hat sich dem sanften Tourismus verschrieben

Geht auch ohne Auto: Vorankommen im Wendland Foto: dpa

Von Simone Schmollack

Kann es sein, dass die Natur hier nur für Dich gewachsen ist? Klar, kann schon sein. Es wird Dir auf jeden Fall so vorkommen, wenn Du tief in die Wiesen, Auen und Wälder der Region Wendland.Elbe eintauchst. Nur Du mit all den Farben, Geräuschen und Gerüchen.“

Klingt kitschig? Ist kitschig. Aber das Tourismusportal Wendland Elbe für den Landkreis Lüchow-Dannenberg wirbt damit. Und, ganz ehrlich: Die Autor*innen dieser Zeilen haben Recht.

Wer im Wendland im Sommer aufwacht, unter einer Birke den Morgenkaffee trinkt und sich dann auf den Weg macht, wird belohnt: mit einsamen Wäldern, goldenen Feldern, olfaktorischen Knallern.

Radtourist*innen im Wendland kennen das, manche kommen immer wieder her. Einige orientieren sich an den zwölf empfohlenen Touren der Radwanderkarten mit Rundlingsdörfern, alternativen Gasthäusern, Pferdegestüten. Andere radeln der Nase nach. Drei Wochen Urlaub hier und kein Tag langweilig, selbst bei Regen.

„Der Wald ist Deine Klimaanlage, der Fahrradweg Deine Autobahn“

Unbekannter Autor, Tourismusportal des Landkreises Lüchow-Dannenberg

Man kommt nicht nur runter, das Wendland „entschleunigt“, wie man so schön sagt, das Wendland ist DIE Region im Norden Deutschlands, ach was ganz Deutschlands, für sanften Tourismus. Kleiner Landkreis, wenig Leute, (fast) alles mit dem Rad zu erreichen. Badeseen, unendlich viel Wald, Biohöfe (ja, okay, es gibt auch herkömmliche Landwirtschaft), Kartoffel- und Heuhotels. Auch für „kleines Geld“. Und wenn in Meuchefitz am Donnerstag, und nur am Donnerstag, das Tagungshaus seine Kneipe öffnet, stehen Bewohner*innen der daneben liegenden Wagenburg hinterm Tresen und fragen: „Was willste zahlen?“ Für vegetarisches oder veganes Essen, was sonst. Kurz und gut: Mehr Öko geht nicht.

Aber Moment mal: Ist das Wendland nicht jene Ecke an der früheren „Zonengrenze“, die durch das Zwischenlager für Atommüll in Gorleben bekannt ist? Für Krawalle bei Castortransporten? Für Polizeieinsätze in den Wäldern rund um das berühmte Dorf? Ja, stimmt auch. Aber das eine hat mit dem anderen durchaus zu tun. Denn der Anti-Atomkampf hat die Bewegung für Nachhaltigkeit und sanften Tourismus erst recht gestärkt.

„Der Wald ist Deine Klimaanlage, der Fahrradweg Deine Autobahn“, heißt es auf der Homepage von „Wendland Elbe“. Das ist selbst für die meisten Wendländer*innen Programm, obwohl sie sich über fehlende Bahnen und nur selten fahrende Busse beschweren. Zu Recht, denn viele sind auf das Auto angewiesen, um zur Arbeit zu kommen. Das stört sie immens, aber Wendländer*innen haben ja Ideen. Die „Fahrmit-Bank“ zum Beispiel. Seit einiger Zeit steht an jeder Bushaltestelle eine Bank mit einem Schild zum Umklappen: Lüchow, Dannenberg, Gartow. Man setzt sich drauf und wartet, bis ein Auto hält, das genau dorthin will, wohin man selbst muss.

Die taz bietet eine Radreise durchs Wendland an. Der nächste Termin ist im Juni 2020. Anmeldung unter https://taz.de/NEUER-TERMIN-21---27-Juni-2020/!129701/