„Ich habe keine Träume mehr“

DAGMAR BERGHOFF Die frühere „Tagesschau“-Chefsprecherin geht oft ins Theater – oder mit Exkollegen auf Lesereise. Zu Hause stöbert sie manchmal bei Ebay

Natürlich schaltet sie um 20 Uhr den Fernseher ein. Schließlich war die „Tagesschau“ fast 25 Jahre ihr Leben. Eines hat sich aber geändert: Wenn sie nicht zu Hause ist, im Theater oder auf Reisen, nimmt sie die Sendung nicht mehr auf. Als Dagmar Berghoff noch Chefsprecherin war, hat sie das immer gemacht. Denn sie musste ja Bescheid wissen, wie die Kollegen sich geben.

Berghoff, mittlerweile 66, war die erste Frau als ARD-Nachrichtensprecherin, die berühmteste sowieso. Immer noch wird sie auf der Straße erkannt. „Vor Kurzem kam ein Ehepaar auf mich zu und meinte, dass sie mich so vermissen. Ist das nicht entzückend?“ Fast zehn Jahre ist es her, dass Berghoff zum letzten Mal der Nation die Nachrichten las. „Seitdem habe ich mich kein einziges Mal gelangweilt“, sagt sie.

Sie hat ja auch genug zu tun. Mit ihren Exkollegen Jo Brauner und Wilhelm Wieben ist sie regelmäßig auf Lesetour unterwegs. Im NDR-Radio ist sie einmal pro Monat auf Sendung. Sie moderiert zwei Stunden „Radiobasar“, dort können sich Leute mit Suchanfragen melden: Porzellanservice sucht Zuckerpott, Klasse sucht Mitschüler zum Treffen – solche Sachen. „Es macht mir Spaß, mit den Hörern zu reden“, sagt Berghoff. Eine andere Beschäftigung ist für sie eine noch größere Herzenssache: Sechsmal im Jahr moderiert sie Veranstaltungen zum Thema Bauchspeicheldrüsenkrebs. Daran ist ihr Mann 2001 gestorben.

Berghoff will mithalten beim Lauf der Zeit. Deshalb ist sie seit zwei Jahren auch im Internet unterwegs. Bei Ebay schaut sie hin und wieder vorbei, „ich habe mich aber dann doch nicht getraut, die Schuhe zu bestellen.“ Bei Facebook ist sie auch, eine Freundin hat sie eingeladen. Aber wie das genau funktioniert mit dem sozialen Netzwerk, weiß sie noch nicht.

„Ich fühle mich sehr, sehr gut heute“, sagt Berghoff, und wer ihre Stimme am Telefon hört, glaubt das sofort. In Zukunft will sie weniger arbeiten. Zeit, um Träume zu verwirklichen? „Ich habe keine Träume mehr“, sagt Berghoff und schiebt nach, dass sie das ganz positiv meine. „Im Grunde habe ich alle erfüllt bekommen.“ SEBASTIAN ERB