Erst das Essen, dann die Moral

Die Cateringfirma des Weltjugendtags verdient ihr Geld auch beim Militär, in Gefängnissen und mit Flüchtlingen. Doch die Katholiken zeigen keine „ethischen Bedenken“ gegenüber dem Multi Sodexho

AUS KÖLN ISABEL FANNRICH

Der Weltjugendtag lässt seine Pilger von einer Cateringfirma bewirten, die ihr Geld mit moralisch fragwürdigen Geschäften macht. Der multinationale Konzern Sodexho, während des Kölner Großevents für die Essensversorgung von rund 400.000 registrierten Pilgern zuständig, bietet Catering und andere Dienstleistungen auch für Gefängnisse und Abschiebehaftanstalten sowie für Militäreinrichtungen an. Außerdem verdient der Großkonzern sein Geld in Deutschland mit Einkaufs-Gutscheinen und -Chipkarten für Flüchtlinge, die Organisationen wie Pro Asyl als diskriminierend bezeichnen. Dagegen will am morgen Nachmittag das bundesweite Netzwerk „kein mensch ist illegal“ mit einer Aktion am Rheinufer unterhalb des Domes protestieren.

„Wir schicken unseren Protest mit Luftballons gegen den Himmel, weil das Weltjugendtags-Büro keine Stellung bezieht“, sagt Jan Henkel von „kein mensch ist illegal“. Bereits im April hatte die Berliner „Initiative gegen das Chipkartensystem“ in einem Brief die WJT-Organisatoren aufgefordert, Geschäfte „mit Firmen wie Sodexho, die Diskriminierung, Verfolgung und Kriege im Portfolio haben“, zu unterlassen. Schon bei den Weltjugendtagen in Paris und Rom hatte Sodexho das Catering organisiert. „Gerade bei dem christlichen Weltjugendtag erwarten wir eine größere Sensibilität für die Geschäftspraktiken beteiligter Dienstleister“, fordert Thomas Meier von der Berliner Initiative. Das WJT-Büro habe nur mit dem Kommentar reagiert: „Sodexho ist unser Partner.“

„Ethische Bedenken hat es bei uns nicht gegeben“, begründet WJT-Geschäftsführer Hermann-Josef Johanns die Entscheidung für Sodexho gegenüber der taz. Der Auftrag sei weltweit ausgeschrieben und an das Unternehmen mit dem „schlüssigsten Konzept“ vergeben worden. Außerdem habe Sodexho beim Irakkrieg nicht gecatered. Gefängnisse würden nur von unbewaffneten Mitarbeitern beliefert. Der Konzern sei nicht in Waffengeschäfte verwickelt.

Doch ein Blick auf die Internetseite des in 76 Ländern mit 308.000 Mitarbeitern tätigen Konzerns zeigt: Sodexho baut nicht nur an der Infrastruktur mit von Militärstützpunkten in Frankreich, Großbritannien und Schweden, in den USA,Australien und der Türkei. Der Multi bietet dort Dienstleistungen vom Wäscheservice über den geistlichen Beistand bis hin zur Waffenlagerung an. Mit dabei ist Sodexho auch bei „Out-of-area-Einsätzen“, etwa beim Kosovo-Einsatz der französischen Armee oder bei der NATO in Afghanistan.

Der Konzern, der 1966 in Marseille sein Geschäft mit dem Catering an Schulen, Restaurants und Krankenhäusern aufnahm, bedient auch europäische Haftanstalten und ist über Tochterunternehmen am Betrieb (teil-)privatisierter Abschiebegefängnisse in Großbritannien und Australien beteiligt.

Nach eigenen Worten hegt er nur die besten Absichten. Seit 1987 biete Sodexho Inhaftierten in Gefängnissen „einen Service höherer Qualität, mit dem er seinen Respekt vor ihnen“ bekunde und zu ihrer Reintegration beitrage. Allerdings kritisiert die US-Initiative „Not with our money“ die Zustände in den von Sodexho betriebenen Haftanstalten als „schlechter als in den staatlichen Gefängnissen“.