Eklat um Badezeiten-Politik

Dürfen Frauen eigene Badezeiten haben? Dass in Hannover selbst männlichen Säuglingen der Zutritt ins Schwimmbad verwehrt wird, hat eine Wutwelle mit fremdenfeindlichen Untertönen ausgelöst

von Kai Schöneberg

Eigentlich schön, wenn im Schwimmbad die Wellen schwappen. Etwas zu hoch schlagen sie derzeit über Hans Mönninghoff zusammen: Hannovers grüner Wirtschaftsdezernent hatte beschlossen, den Frauenbadetag im Vahrenwalder Bad von Dienstagnachmittag auf Mittwochabend zu verlegen. Zuvor stand der Mittwochabend zusammen mit dem Freitagabend beiden Geschlechtern zur Verfügung – und war vor allem für Berufstätige attraktiv.

Die neue Regelung ist gut für Frauen, die ohne männliche Gafferblicke schwimmen wollen und noch besser für manche Muslima, für die der Frauenbadetag aus religiösen Gründen attraktiv ist. Glasglar grüne Politik, befand Mönninghoff. Auch wenn jetzt am Frauenbadeabend selbst männliche Säuglinge zu Hause bleiben müssen.

Doch derzeit schwappt die Geschichte heftig über den Vahrenwalder Beckenrand. Das Bäderamt wird mit Anrufen und Mails geflutet, auf den lokalen Leserbriefseiten schäumt es vor Wut. Es geht gegen Frauen, gegen Ausländer und Ausländerinnen – und gegen Mönninghoff. „Ich kann ja mal versuchen, in Teheran FKK-Badezeiten im öffentlichen Schimmbad durchzusetzen“, befindet eine Leserin der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung. Die Entscheidung sei „in einem Klima von überzogener ‚Political Correctness‘ und im Multi-Kulti-Wahn gefallen“, ein anderer. In der Türkei gebe es auch keine Badetage „für Deutsche“, kritisiert ein weiterer Leser.

Inzwischen beschäftigt das Frauenbaden die Gerichte: Der Vater eines behinderten Kindes klagt gegen die Stadt, weil er nicht mehr in der Lage sei, mit seiner Tochter schwimmen zu gehen. Das berührt den Knackpunkt der Kritik: Seitdem nur noch Frauen mittwochs abends baden dürfen, steht berufstätigen Männern wochentags nur noch der Freitagabend fürs Schwimmen zur Verfügung. „Viel Erfolg“ wünscht dem Vater eine „Steuern zahlende“ Leserbriefschreiberin, die das Angebot „live“ ausprobierte: „Viele der Besucherinnen verwechseln das Schwimmbecken mit einer Waschmaschine und steigen mit Jogginghosen, Strumpfhosen und T-Shirts ins Wasser“. Nie wieder, meint sie.

Da könne ja künftig jeder seine Lieblings-Öffnungszeiten vor Gericht erstreiten, sagt Hans Harders, Bäderchef der Stadt Hannover. Gleichwohl hat er gemerkt, dass „die Sache jetzt eskaliert“. Dabei ist das Frauenbaden ein Riesen-Erfolg: „Am Mittwochabend hatten wir nach 17 Uhr etwa 250 Besucherinnen – so viele wie in keinem anderen Bad zu keiner anderen Zeit“, betont der Bäder-Mann. Den Termin verlegen sei wegen der Vereine schwer, betont Harders. Zudem hätten alle vier weiteren Bäder der Stadt am Mittwochabend geöffnet. Entfernung mit Fahrrad, Bus oder Bahn: etwa 20 Minuten. Harders spricht von „überhöhtem Anspruchsdenken“ vieler Schwimmer.

Alle Bäder der Stadt hätten pro Woche insgesamt 359 Stunden lang geöffnet, sagt die Frauenbeauftragte Brigitte Vollmer-Schubert. Davon gebe es nur vier Stunden exklusiv für Frauen. Zudem mache „das Frauenschwimmen Spaß. Ich bin froh, dass das Angebot ausgeweitet worden ist“. Dezernent Mönninghoff hat inzwischen an einem weiteren Schwimmbad Frauenbaden eingeführt. Diesmal sonnabends, von 14 bis 17 Uhr.