: Rechtsliberale gewinnen Wahl
NIEDERLANDE I Regierungspartei von Mark Rutte wird stärkste Kraft. Alles steuert auf große Koalition mit den Sozial- demokraten zu
REGIERUNGSCHEF MARK RUTTE
AUS ARNHEIM GUNDA SCHWANTJE
Mark Rutte mit seiner rechtsliberalen VVD ist der Sieger der vorgezogenen Neuwahl in den Niederlanden. Die VVD wurde erneut stärkste Kraft und kommt auf 41 Sitze. Auch der neue Spitzenkandidat der sozialdemokratischen PvdA, Diederik Samsom, mit dem Rutte sich in der Endphase des Wahlkampfes einen erbitterten Zweikampf geliefert hatte, verbuchte einen spektakulären Gewinn. Die PvdA stellt 39 Abgeordnete im neuen Parlament. Somit könnten wieder zwei große Parteien die Niederlande regieren, denn VVD und PvdA kommen zusammen auf 80 der 150 Parlamentssitze.
Der Populist und Europa-Kritiker Geert Wilders musste erstmals deutliche Verluste hinnehmen. Seine Partei für die Freiheit errang nur noch 15 Sitze. Auch für die Christdemokraten (CDA), die bisher mit Rutte eine Minderheitsregierung stellten, war das Abschneiden enttäuschend. Unter Spitzenkandidat Sybrand Buma verloren sie 8 Sitze und landeten bei 13 Mandaten.
Auch GroenLinks musste Federn lassen und wird nur noch mit 3 Abgeordneten im Parlament vertreten sein. Stabil mit 15 Abgeordneten blieben die Europa-kritischen Sozialisten mit Emile Roemer. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 74 Prozent.
Die Wahlnacht blieb lange spannend. Gegen 2.30 Uhr trat ein glücklicher Rutte vor seine frenetisch feiernden Anhänger. Er verkündete einen historischen Sieg. „Unsere Partei ist noch nie so groß gewesen wie heute Abend“, sagte Rutte und bewertete das Ergebnis als Bestätigung seiner Politik. Er gratulierte Samsom zu dessen „unglaublicher Leistung“, denn diesem war es in kurzer Zeit gelungen, die Sozialdemokraten aus einem historischen Tief in den Meinungsumfragen herauszuführen. Rutte betonte, er wolle so viel VVD-Ideale wie möglich im kommenden Koalitionsvertrag wiederfinden.
Samsom zeigte sich überwältigt von dem Ergebnis. „Vor wenigen Wochen hat niemand erwartet, dass wir hier so dastehen werden“, sagte er. Mit einer Politik, die den Menschen nicht nach dem Mund rede, und optimistisch nach der schlechten Stimmung der vergangenen Jahre. Er wolle mitregieren.
Mit dem schlechten Abschneiden der Rechtspopulisten ist deren Siegeszug zunächst einmal gestoppt. „Nun kann Brüssel sich freuen“, sagte Parteichef Geert Wilders.
Der Kolumnist Wagendorp interpretiert dies in der Zeitung de Volkskrant so, dass die Niederländer „Zeugen des Endes einer politischen Ära, zehn Jahre nach der Fortuynrevolte“, geworden seien.
Die Verhandlungen zwischen VVD und PvdA dürften schwierig werden, denn Samsom will die Lasten der Krise ehrlich verteilen. Wohlhabende stehen dank der Politik der VVD bisher gut da. Die PvdA will die steuerliche Abzugsfähigkeit von Hypothekzinsen neu regeln, die VVD will dies nur bei Neuhypotheken. Die PvdA will die Krankenversicherung ans Einkommen koppeln und dieses auch bei der Berechnung des Eigenanteils zugrunde legen. Sie will das Rentenalter schneller erhöhen als die VVD.
Entscheidungen der Regierung unter Premier Rutte sollen zurückgenommen werden, fordert die PvdA. So sollen Gehälter im Bildungsbereich nicht eingefroren und ein Bußgeld für Langzeitstudenten abgeschafft werden. Es bleibt spannend.
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