Klimaaktionstag – endlich handeln!

KLIMAWANDEL Zahlreiche Initiativen rufen am 24. Oktober zu kreativen Aktionen auf

„Wer ‚Klimawandel‘ oder ‚sozialer Wandel‘ sagt, assoziiert etwas Allmähliches“, Klimakatastrophe jedoch bedeutet „eine Eruption, ein Drama“, wie Claus Leggewie in seinem Essay „In Schönheit untergehen?“ schreibt.

Mit der bisher kaum „spürbaren“ Klimaerwärmung ist eine seit den 1970er-Jahren steil ansteigende Kurve der globalen Erwärmung gemeint, deren Hauptursache in der Verbrennung fossiler Rohstoffe und der großflächigen Übernutzung und Rodungen seit dem Beginn der Industrialisierung liegt. Die Tatsache, dass elf der zwölf wärmsten Jahre in den Jahren zwischen 1995 bis 2007 lagen, macht einen dramatischen Verlauf immer wahrscheinlicher.

Der Klimawandel fordert schon jetzt zahlreiche Todesopfer und frisst etwa 20 Prozent des globalen Bruttosozialprodukts. Trotzdem ist von der ab dem 7. Dezember in Kopenhagen stattfindenden Klimakonferenz nicht viel zu erwarten. Die bereits von Taifunen und Überschwemmungen betroffenen Staaten werden mit den Industrieländern, für die sich das noch immer nicht „rechnet“, um einen radikal verminderten Ausstoß von Treibhausgasen kämpfen.

Ein notwendiger Transformationsprozess in der Politik muss von unten kommen, so das Fazit der Autoren Leggewie und Welzer in ihrem neuen Buch „Das Ende der Welt, wie wir sie kannten“. Sie beschreiben darin das Problem einer „Glokalisierung“, in der es keine lokalen Prozesse mehr gibt, die sich nicht global auswirken würden. Gegenwärtig liegt die Konzentration an CO2 in der Atmosphäre bei 390 ppm (parts per million). Studien zeigen, dass die Erde bei anhaltenden CO2-Konzentrationen von über 350 ppm mit menschlichen und natürlichen Katastrophen konfrontiert sein wird.

Das Netzwerk „350.org“ hat sich diesen Grenzwert zum Namen und Hauptziel seiner Arbeit gemacht. Es informiert weltweit über Kampagnen und Aktionen. Gegründet wurde es 2007 von dem US-Autor Bill McKibben. Damals organisierten er mit anderen Aktivisten die Kampagne „Step it Up“, in dessen Rahmen mehr als 2.000 Demonstrationen in allen 50 Staaten der USA stattfanden. Die kreativen Aktionen, wie etwa Skifahrern auf schmelzenden Gletschern, machten „350.org“ weit über die USA hinaus bekannt.

Für den 24. Oktober sind dort nun weltweit 3.559 Aktionen eingestellt, mit denen im Vorfeld der Kopenhagener Konferenz auf die Dringlichkeit entscheidender Weichenstellungen hingewiesen werden soll. Von den zahlreichen Aktionen in Deutschland finden sich alleine acht im Raum Berlin.

Um 11.30 Uhr treffen sich am Brandenburger Tor die Klimapiraten und wählen gemeinsam mit der Kampagne „Klimakanzlerin gesucht“ aus 350 „Kandidatinnen“ eine Vertreterin für Kopenhagen. Wer sich noch an der Performance beteiligen will, sollte sich ab 10 Uhr dort einfinden.

Zu einem gemeinsamen „Twittagessen“ lädt der 2. Carrotmob Berlin ab 16 Uhr ein. Die Wahl fiel am vergangenen Freitag auf „Eve & Adam’s Biosalads & Smoothies“ in der Rosa-Luxemburg-Straße. Ähnlich wie beim ersten Carrotmob soll dort möglichst viel eingekauft werden. Der Inhaber versichert im Gegenzug, 45 Prozent seines während der Aktion gemachten Umsatzes dazu zu verwenden, seinen Laden energieeffizienter umzubauen.

Um 15 Uhr beginnt am Potsdamer Platz die „Silent Climate Parade“. 350 Tänzer mit kabellosen Kopfhörern kommen zu einem lautlosen Rave gegen CO2 zusammen. Zur Musik von Dr. Motte und Dirty Doering geht es von dort zum Alexanderplatz.

Unter dem Motto „Wir saufen ab“ lädt die „Social Media Agentur Nest“ ab 23 Uhr zur „Klimawandel Afterparty“ in die Möbelfabrik ein.

Die Online-Kampagne „Endlich Handeln!“sucht 350 „KlimAktivistInnen“, die sich auf ihrer Webseite ein persönliches CO2-Konto anlegen und ein Statement zum Klimawandel abgeben.

Obwohl sich in der Unterstützerliste von „350.org“ auch große Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace International finden, konzentrieren sich diese in Deutschland vor allem auf die Konferenz im Dezember.

Dass das Ausmaß der Bedrohung längst auch „ganz oben“ erkannt wurde, zeigt der Umstand, dass Flüchtlingsströme, die unter anderem auch der Klimawandel verursacht, mittlerweile auch militärisch unterbunden werden – in der EU nach amerikanischem Vorbild durch das Grenzschutzkommando Frontex.

ANTONIA HERRSCHER

■  Weitere Infos: www.350.org/de www.endlich-handeln.de http://tcktcktck.org ■  11.30 Uhr: „Klimakanzlerin gesucht“, Brandenburger Tor, Berlin, www.klimapiraten.net ■  16 Uhr: 2. Carrotmob Berlin, „Eve & Adam’s“, Rosa-Luxemburg-Str. 24–26, Berlin www.carrotmobberlin.com ■  15–18 Uhr: „Silent Climate Parade“, Potsdamer Platz, Berlin www.climateparade.de ■  23 Uhr: „Klimawandel Afterparty“, Möbelfabrik, Brunnenstraße 10, Berlin www.bewegung.taz.de