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WG-Genossin gegen Kolping-Gesellen

taz geht wählen – die Serie zur Bundestagswahl am 18. September. Die 64 nordrhein-westfälischen Direktwahlkreise im Portrait. Wer kämpft um das Mandat? Wer sind die Außenseiter? Wer gewinnt? Heute: Coesfeld – Steinfurt II

Coesfeld – Steinfurt II?Anno 1534 lagerten hier die bischöflichen Soldaten, um Münster von den Wiedertäufern zu befreien. Die Abschaffung von Privateigentum und Vielweiberei passte nicht zu den damaligen Moralvorstellungen. Die Einnahme der Stadt nach 16-monatiger Belagerung mit anschließender peinlichen Befragung der Rädelsführer hat die Region bis heute sehr beeindruckt. Das westliche Münsterland ist katholischer als der Papst.Wer verteidigt den Wahlkreis?Die CDU. Ihr jetziger Abgeordneter Werner Ludwig Wilhelm Lensing tritt aus Altersgründen nicht mehr an. Sein designierter Nachfolger heißt Karl Schiewerling. Der 54-jährige Familienvater dreier Kinder ist beim Kolpingwerk für Personalangelegenheiten zuständig. Bei sinkenden kirchlichen und sozialen Etats keine ganz erfreuliche Aufgabe. Das große Thema im Wahlkreis 128 ist die Kinderbetreuung. Die Berliner Pläne, sowohl offene Ganztagsschule wie auch Kindergartenplätze für Menschen unter 3 Jahren, werden von der lokalen Politik zögerlich umgesetzt. Auch Karl Schiewerling setzt eher auf die Solidarität zwischen den Generationen. Die Oma solle mehr die Kinder betreuen, die Kinder später ihre pflegebedürftigen Eltern. So sei ein Kollaps der sozialen Sicherungssysteme zu verhindern. Völlig klerikal ist er aber doch nicht. Auch Patchworkfamilien sind für den Christdemokraten kein Tabu: „Überall, wo Eltern für Kinder Verantwortung übernehmen, ist Familie.“ Die Politik müsse einem Ingenieur ermöglichen, halbtags zu arbeiten, wenn Nachwuchs kommt.Wer will den Wahlkreis?Frau Doktor Angelica Klara Schwall-Düren, ein Name wie von Loriot erdacht. Die 57-jährige Lehrerin lebt seit 1977 in dem Dörfchen Metelen in einer Wohngemeinschaft. Zwei Pärchen mit vier inzwischen erwachsenen Kindern, zwei von der Kandidatin. Trotz kommunarder Kindheit sei aus allen vier etwas geworden. Angelica Schwall-Düren ist seit 2003 im Bundesvorstand der SPD und nach Parteichef Franz Müntefering auf Platz 2 der NRW-Landesliste. Vor Ort möchte sie sich weiterhin für die offene Ganztagsschule einsetzen. Selbst im westlichen Münsterland soll es Kinder geben, die nicht nur von der Familie versorgt werden können.Die großen Außenseiter?Bündnis 90 / Die Grünen stellten Moritz Hegemann auf. 19 Jahre alt, will der Abiturient die Zeit bis zum Beginn seines Lehramtsstudiums mit Wahlkampf überbrücken. Eine Erststimmenkampagne für ihn von der SPD ist nicht zu erwarten. Obwohl durch solch ein Vorgehen das Städtchen Laer einen grünen Bürgermeister erhielt.Die taz-Prognose?Das Kolpingwerk wird im September eine Stelle ausschreiben müssen. Auch die Wohngemeinschaft in Metelen bleibt über die Woche zu dritt. Vielleicht ist da noch ein Zimmer frei für einen Pädagogikstudenten im ersten Semester? LUTZ DEBUS

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