piwik no script img

Stefan Alberti graust es schon jetzt vor dem Ausbau der ersten RadschnellwegeWenn nicht im Januar, dann eben im August

Ach wie schön kann der Weg zur Arbeit sein: Ein weiterer Morgen am Teltowkanal auf der wunderbaren Radverbindung von Zehlendorf in Richtung taz-Haus, die ja angeblich erst noch einen mindestens zweijährigen Ausbau braucht, um zu Berlins erstem Radschnellweg zu werden. Vogelzwitschern überall, hier und da ein gelegentlicher Sonnenstrahl – und dann wie ein Vorgeschmack auf diesen Ausbau: Bevor sich nämlich überhaupt etwas in Sachen Schnellweg rührt, was 2022 passieren soll, ist schon seit Herbst die Durchfahrt am Kanal blockiert. Denn auf Höhe des Charité-Klinikums versperren Drahtzäune den Uferweg und ein Umweg führt mühsam über das Krankenhausgelände.

Ein blau-weißes Schild informiert darüber, dass hier die landeseigenen Wasserbetriebe eine Leitung erneuern. Bau-Ende sollte laut Schild „Januar 2019“ sein – aktuell haben wir Anfang April. Interessant aber ist: Am rund 500 Meter entfernten anderen Ende der Sperrung steht auf einem sonst gleichen Schild etwas von „August 2019“ als Bau-Ende.

Also Anruf bei den Wasserbetrieben: Zweiteres soll richtig sein, sagt dort ein Unternehmenssprecher. Und natürlich sei der Eindruck falsch, da würde sich nichts tun auf der Baustelle. Das könnte man durchaus denken, weil der Stapel mit den noch zu verlegenden Wasserrohren inzwischen seit Wochen nicht kleiner zu werden scheint und Massen von Bauarbeitern definitiv auch nicht zu sehen sind.

Tellerminen und Granaten

Gut, drei Monate sei „ungeplant angeordnete Ruhe gewesen“ – wegen eines Munitionsfunds –, räumt der Sprecher ein. Tellerminen und Granaten sind gefunden worden. Immerhin entspricht seine Zusage der Terminangabe auf Schild Nr. 2: „Wir werden bis Ende August unsere Arbeiten abschließen.“ Hurra, wenigstens etwas, könnte man meinen – ginge die E-Mail des Sprechers nicht weiter: „Dann folgt der Bau des Landeplatzes.“

Den gibt es eigentlich schon, so wie den Radschnellweg, weil dort über Jahre der gelbe Rettungshubschrauber „Christoph 31“ abhob. Aber der Landeplatz soll größer werden und auf Stelzen den Uferweg überspannen. Veränderte EU-Vorschriften seien dafür verantwortlich, wurde die Charité schon im Frühjahr 2018 zitiert. Damals sagte ihr Zeitplan übrigens, dass man im September 2019 fertig sein wolle – also ungefähr dann, wenn es dort jetzt erst losgeht mit dem Landeplatz über dem Uferweg.

Das lässt einen mit Schaudern daran denken, wie lange der Radschnellweg erst durch einen groß angelegten Ausbau gesperrt sein könnte. Und bringt einen zur Frage, ob man das mit diesem Ausbau nicht lieber lassen und sich auf punktuelle Verbesserungen beschränken sollte: glatter Untergrund statt steinigen Erdbodens an einer Brückenunterführung etwa, ein Asphaltstreifen statt Pflasters an einer anderen Stelle. Denn die Grundidee eines Schnellwegs ist doch, mehr Leute als Radfahrer auf eine Auto-Alternative zu lotsen, und nicht, die bisherigen Nutzer durch Dauerbaustellen in überfüllte Bahnen oder gar ins Auto zu drängen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen