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Archiv-Artikel

Erdgas für Autos attraktiv

Erdöl ist zum Verheizen auf den Straßen viel zu schade. Erdgas hingegen ist eine umweltfreundliche Alternative – zumindest vorübergehend. Das Tankstellennetz wird bundesweit zügig ausgebaut

VON ANDREAS LOHSE

Weltweit fahren bereits über 3,5 Millionen Kraftfahrzeuge mit Erdgas statt mit Benzin oder Diesel, weiß man bei der Energieagentur NRW. In Deutschland seien es Anfang 2005 allerdings erst magere 28.000 gewesen, darunter 17.300 Pkw. Diese Zahl erfuhr in den vergangene sechs Jahren jedoch eine große Steigerung: Seinerzeit waren es lediglich 4.300 Fahrzeuge gewesen, so die Experten. Allein in den ersten sechs Monaten dieses Jahres seien bereits 5.000 Erdgasfahrzeuge verkauft worden. Gleichwohl muss sich Deutschland vor der Weltspitze verstecken: Vorreiter ist hier Argentinien mit zurzeit mehr als 1,16 Millionen Erdgasautos auf den Straßen, in Europa steht Italien mit rund 380.000 ganz oben.

Die hiesige Quote zu steigern hat sich die Automobilindustrie als Ziel gesetzt: Die Vielfalt nimmt zu, kaum ein namhafter Hersteller kommt noch daran vorbei – insgesamt werden rund 30 Modelle angeboten. Natürlich ist auch die Gasindustrie begeistert – und bemüht sich redlich, das Tankstellennetz weiter auszubauen. Anfang August gab es bundesweit rund 600 Erdgaszapfsäulen, im Jahr 2007 sollen es mindestens 1.000 sein. Das Netz ist indes auch jetzt schon sehr dicht, sodass vor allem – und das ist die Mehrzahl der angebotenen Modelle – mit so genannten Bi-Fuel-Fahrzeugen keine Treibstoffprobleme entstehen: Sie können sowohl mit Gas als auch mit Benzin fahren. Ist der Gastank leer, übernimmt der Bordcomputer automatisch den Sprittank – oftmals ohne dass der Fahrer dies überhaupt bemerkt. Lediglich ein Hinweis am Armaturenbrett zeigt, der Wagen habe jetzt „auf Benzin umgeschaltet“.

Erdgas wird nicht in Litern, sondern in Kilogramm getankt. Ein Kilogramm Erdgas hat ein Energieäquivalent wie 1,5 Liter Benzin. In Berlin beispielsweise hat der städtische Versorger und Monopolist Gasag im Juli die Preise angehoben, pro Kilo zahlt man nun 76,9 Cent. Umgerechnet auf den Benzinpreis und Energiegehalt wären das etwas mehr als 50 Cent pro Liter. Das allein sagt noch nicht viel, immerhin könnte der Erdgasverbrauch ja so hoch sein, dass die Kostenvorteile durch den Auspuff entweichen. Das ist aber nicht der Fall. Beispiel aus dem Selbstversuch: Im dichten Berliner Stadtverkehr benötigte ein Fahrzeug der oberen Mittelklasse für 100 Kilometer Gas im Wert von rund acht Euro – dieselbe Strecke auf den Energiegehalt und die derzeitigen Preise von Benzin umgerechnet hätte mehr als das Doppelte gekostet. Summarisch ist Erdgas nach Gasag-Auskunft „um 58 Prozent preiswerter als Benzin und 45 Prozent günstiger als Diesel“.

Weiterer Vorteil: die Umweltverträglichkeit. Erdgas verursacht im Vergleich zu Benzin 25 Prozent weniger CO2 sowie bei der Verbrennung kaum Kohlendioxid, Schwefeldioxid, Ruß oder Staub. Auch ist die Antriebsturbine hörbar leiser, was sich auf den Fahrkomfort im Inneren ebenso positiv auswirkt wie auf die Lärmbelastung außen.

In einem Kostenvergleich zwischen Erdgasfahrzeugen und vergleichbaren Benzinern hat der ADAC herausgefunden – der im Übrigen mittlerweile seine komplette Flotte der Gelben Engel dem Erdgas anvertraut –, dass neun von den 13 untersuchten Modellen bereits bei „einer Laufleistung von weniger als 10.000 Kilometer pro Jahr die niedrigsten Kilometerkosten haben“. Gerechnet mit 15.000 Kilometer pro Jahr und einer Haltedauer von vier Jahren seien Gasautos durchschnittlich um drei Cent pro Kilometer billiger als die Benzinvariante – allerdings nur dann, wenn sie tatsächlich im reinen Erdgasbetrieb gefahren werden. Versäumt man es, die Gasflaschen zu füllen, schmelze der Kostenvorteil. Werde der Bi-Fuel-Wagen hingegen nur mit Benzin gefahren, sei ein „Erdgasauto von allen Alternativen die teuerste“. Ein Grund ist darin zu suchen, dass man für diese Antriebsart beim Neufahrzeug ein paar Euro mehr auf den Tisch legen muss.

Allerdings ist man in vielen Kommunen bemüht, diese Differenz zu verringern. So geben zahlreiche Gasversorger in der ganzen Republik einen Zuschuss beim Neuwagenkauf, andere gewähren Tankgutscheine. Hinzu kommen Sonderausstattungen ohne Aufpreis bei einigen Herstellern und Rabatte bei einigen Versicherungen.

Letztlich aber ist auch Erdgas nur eine Übergangslösung. Wenn Bioantriebsstoffe dereinst Flächen deckend zu erhalten sind – Biomethan ist Erdgas sehr ähnlich – und die Solarstromtankstelle für Elektroautos auf jedem Hof Platz findet, wird Erdgas nicht mehr gebraucht – denn auch diese Fossilie ist endlich.

www.erdgasfahrzeuge.de