press-schlag : Parias Jahrestag
Robert Hoyzer meldet sich aus dem Off, rechtzeitig, um ein Jubiläum seiner Missetaten zu begehen
Lange nichts mehr von Robert Hoyzer gehört. Oder? Am Sonntag vor einem Jahr hat der korrupte Referee sein Meisterstück abgeliefert, im DFB-Pokalspiel des SC Paderborn gegen den Hamburger Sportverein. Der unterklassige Verein besiegte seinerzeit dank strategischer Mithilfe Hoyzers den Bundesligisten mit 4:2. Damals sprach man von einer Sensation. Heute spricht man von Schiebung.
Der DFB-Pokal bietet sich für derlei Manipulationen geradezu an. Denn die Quoten sind prächtig – falls der Underdog gewinnt. Es ist also nur clever gewesen von den mutmaßlichen Drahtziehern der Aktion, den Brüdern Ante, Filip und Milan Sapina, ein solches Pokalspiel auszusuchen, zumal man weiß, dass der Pokal seine eigenen Gesetze hat. Weil die Sapinas die Paragrafen aber zu sehr verbogen haben, kommt es am 18. Oktober zum Prozess gegen die Clique, die den Deutschen Fußball-Bund aufgeschreckt hat, und nicht nur den.
Hoyzer ist mittlerweile zu einer Person des öffentlichen Interesses aufgestiegen. Er gibt Autogramme, und müsste er sich nicht dreimal in der Woche bei der Polizei melden, dann fände der Paria unter den Pfeifen wohl wieder richtig Gefallen an der Existenz. Er hat sich berappelt, so weit. Wie auch der SC Paderborn, der standesgemäß am Samstag in der ersten Pokalrunde gegen den VfL Wolfsburg verloren hat. Eine Überraschung hätten sich die Paderborner gar nicht leisten können.
Hoyzer indes ist immer noch für eine solche gut. In einem Interview mit einer sonntäglichen Boulevardzeitung gibt er zu, wieder zu wetten, man höre und staune. Nicht richtig natürlich. Nach dem kalten Entzug tastet sich Hoyzer erst ganz sachte wieder ans Metier heran und wettet mit „einer engen Freundin“ darum, wer wohl zuerst die Führerscheinprüfung besteht. Wetteinsatz: ein Abendessen.
Das Autogrammschreiben will Hoyzer als eine Art Wiedergutmachung verstanden wissen, doch damit ist es wohl nicht getan für den feschen Mittzwanziger, dessen Eitelkeit ihn daran hindert, zu erkennen, dass er sich als Schiri, als moralische Instanz, nicht nur diskreditiert hat, sondern auch eine Vertrauenskrise heraufbeschworen hat. All jene, die allzu naiv den Kick als Aufeinandertreffen aufrichtiger Protagonisten verstanden haben, mussten ihr Weltbild korrigieren – ein überfälliger Prozess.
Ein Auge auf das Geschehen in der Zockerhöhle Fußball zu richten und die hitzigen Geschäfte darin, kann nie schaden. Am Wochenende scheint alles glatt gegangen zu sein. Es gab nur eine Sensation in Offenbach. Es ist davon auszugehen, dass das Ergebnis durch das faire Spiel der Kräfte zustande gekommen ist. Ansonsten haben sich bis zum Sonntag die Favoriten durchgesetzt, auch wenn Hertha BSC Berlin eine Verlängerung brauchte. Die erste Runde verlief relativ unspektakulär und nach den herkömmlichen Mustern: Kleinverein veranstaltet ein Fest inklusive Fußballspiel, kämpft hingebungsvoll, verliert mitunter tragisch, Freibier fließt – und am Ende haben sich die Villinger oder Erfurter viel zu erzählen vom Besuch des Bundesligisten. Manchmal ernten besonders freche Teams lokalen Ruhm, wenn sie den Goliath vors Schienbein treten, wie etwa die TSG Hoffenheim 2003 (Sieg gegen Bayer Leverkusen) oder der 1. FC Magdeburg nach seinem Coup gegen den FC Bayern vor fünf Jahren.
Soweit zu erfahren ist, soll auch bei diesen Partien alles mit rechten Dingen zugegangen sein. Und glaubt man Hoyzer, dann müssen wir uns ohnehin keine Gedanken machen. Der Berliner beschäftigt sich ausgiebig mit getürkten Quoten, womöglich zum Wohl der Allgemeinheit. Das tut er freilich nicht im Café King, dem Marktplatz der Schieber im Herzen der Hauptstadt. Dorthin darf er nicht. Die Polizei hat es ihm verboten. Schade eigentlich, denn dort könnte er ganz viele Autogramme schreiben. Die Leute wüssten, wo sie ihn finden können. MARKUS VÖLKER