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Schwindeln mit Bildern

Mockumentaries und Medienkritik: Das Bremer Kommunalkino City 46 beschäftigt sich in einer kleinen Reihe mit Fakten und Fakes

Umstritten, weil Szenen größtenteils nachgestellt wurden: „This Ain't California“ über die DDR-Skaterszene Foto: Wildfremd Productions

Von Wilfried Hippen

Kann man dem, was Journalisten schreiben und Dokumentarfilmer drehen, noch trauen? Wie dieses aktuelle Thema im Kino behandelt wird, zeigt eine kleine Veranstaltungsreihe, die im Bremer Kommunalkino City 46 stattfindet. Anhand von zwei Vorträgen und drei Filmen soll hier untersucht werden, wie es um eine „Deutung von Wirklichkeit in einer Welt [steht], in der es so etwas wie allgemeingültige Fakten nicht mehr zu geben scheint“, so die Einführung zur Reihe auf der Internetseite des Kinos.

Am heutigen Donnerstag um 20.30 Uhr wird Karl-Heinz Schmid vom City 46 einen Vortrag zum Thema Mockumentaries halten, also bewusst gefälschten Dokumentarfilmen. Er gibt dabei eine filmhistorische Einordung und stellt unter anderem mit Woody Allens „Zelig“ einen der besten und frühsten Filme des Genres vor. Den zweiten Vortrag hält der Professor für Journalistik Bernd Gäbler am Samstag um 18 Uhr zum Thema „Fake News und Framing – Warum jeder Bürger in Zukunft journalistische Fähigkeiten braucht“.

Der erste Film im Programm ist mit dem Warnhinweis versehen: „Achtung, der Film enthält verstörende Szenen“, denn der belgische Spielfilm „Mann beißt Hund“ aus dem Jahr 1983 ist tatsächlich nichts für empfindsame Gemüter. In der bluttriefenden Satire sieht man einen Serienkiller bei seiner Arbeit. Wirklich verstörend an dem Film ist aber, dass der Täter sich einem Filmemacher offenbart hat und dieser ihm mit seinem Kamerateam bei seinen Morden und der Beseitigung der Leichen folgt. Bald werden die Aufzeichnenden zu Mittätern.

„Network“ von Sidney Lumet aus dem Jahr 1977 gehört zu der erstaunlich langen Tradition von medienkritischen Hollywoodfilmen, zu der auch etwa „Citizen Kane“ und Billy Wilders „Reporter des Satans“ zählen. Hier erhöht ein älterer Nachrichtensprecher seine Popularität dadurch, dass er ankündigt, in seiner letzten Live-Sendung Selbstmord zu begehen.

Für seine Mockumentary „Deckname Dennis“ schickte Thomas Frickel 1997 den Amerikaner Dennis Mascarenas, der als Fernsehjournalist getarnt war, in die deutsche Provinz. Dabei wurden sehr vergnüglich viele deutsche Klischees vom Gartenzwerg über die Kuckucksuhr bis zur Bratwurst verbraten.

Nun sind diese drei Filme unterhaltsam und veranschaulichen auch gut die Problematik, aber umstritten sind sie (abgesehen von der Ekelgrenze bei „Mann beißt Hund“) nicht. Dabei gibt es einen Film, über den immer noch gestritten wird und der deshalb perfekt in die Reihe gepasst hätte: Der deutsche Film „This Ain’t California“ aus dem Jahr 2012 gibt vor, die Skaterszene in der DDR der 80er-Jahre zu dokumentieren. Doch die angeblich authentischen Super-8-Filmaufnahmen wurden zu einem großen Teil nachgestellt und der Protagonist ist eine fiktive Figur. Regisseur Marten Persiel hat sich lange Zeit geweigert, dies zuzugeben. Und so ist dieser Film, der in Cannes immerhin einen Preis als beste Dokumentation bekommen hat, eine Fälschung.

Do, 14. März., bis So, 17. März, City 46, Bremen

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