Lars Penning Filme aus dem Archiv –frisch gesichtet:
Zu den Klassikern des US-Stummfilms gehört King Vidors „The Crowd“ (1928), in dem der Protagonist John Sims (James Murray) die Schattenseiten des amerikanischen Traumes erfährt. Denn ihm ist der gesellschaftliche Aufstieg verwehrt, stets bleibt er „ein Mensch der Masse“ (so der deutsche Verleihtitel). Zeitlebens wird er sich mit tristen Alltagsproblemen herumschlagen: Ehestreitigkeiten, Jobverlust und zu wenig Geld. An seinem Arbeitsplatz in einem überfüllten New Yorker Großraumbüro ist er nur eine namenlose Nummer. Geirrt hat sich deshalb auch sein Vater, der bei der Geburt des Sohnes noch stolz verkündet hatte: „Von diesem jungen Mann wird die Welt noch hören.“ Zu sehen ist „The Crowd“ als Stummfilm um Mitternacht im Babylon Mitte, musikalisch begleitet von Anna Vavilkina am Klavier (OF, 2. 3., 23.59 Uhr, Babylon Mitte).
Um Stummfilme geht es auch in dem Hollywood-Musical „Singin’ In the Rain“ (R: Stanley Donen und Gene Kelly,1952): Als die Handlung einsetzt, gelten selbige nämlich bereits als veraltet, und der Filmstar Don Lockwood (Gene Kelly) hat ein Problem. Seinen gerade abgedrehten Mantel-und-Degen-Stummfilm „The Duelling Cavalier“ will niemand mehr sehen. Ein Tonfilm muss her, doch dessen Produktion geht – auf ziemlich lustige Weise – ganz und gar nicht glatt vonstatten. Dabei sind die gezeigten Probleme mit der noch schwerfälligen Tonfilmtechnik keineswegs aus der Luft gegriffen, und auch Stars, deren Karriere abrupt endete, weil sie keine „gute“ Stimme hatten, waren durchaus nicht selten. In „Singin’ in the Rain“ steht dieses Schicksal Lina Lamont bevor, einer dümmlichen Diva mit Quietschstimme, für deren Darstellung die brillante Jean Hagen damals eine Oscar-Nominierung erhielt. Star des Films aber ist natürlich Gene Kelly, der in strömendem Regen übermütig und glücklich in riesigen Pfützen herumpatscht, „just singin’ and dancin’ in the rain“ (OmU, 3. 3., 15. 30 Uhr, 4. 3., 15. 45 Uhr, 6. 3., 17. 15 Uhr, Babylon Mitte).
Die Magical History Tour des Arsenal stellt im März „Musik, Töne und Geräusche“ in den Mittelpunkt. Ein „schönes“ Beispiel ist da David Lynchs experimenteller Debütfilm „Eraserhead“ (1977), in dem der Protagonist Henry seine Wohnung mit einem dauerhaft quakenden Monsterbaby teilt. Das Zimmer entwickelt sich zusehends zu einer surrealen Horrorwelt, die nicht zuletzt durch speziell hervorgehobene Geräusche erzeugt wird: Die Heizung rauscht, Regen peitscht gegen das Fenster, eine Schallplatte knackst und knistert – während das Kind unentwegt schreit (OF, 3. 3., 19.30 Uhr, Arsenal 2).
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