meinungsstark:
Religiöse Bräuche und Betäubung
„Glückwunsch, fühlt euch besser!“, taz vom 27. 2. 19
Ein Bio-Siegel schreibt die Betäubung vor der Schlachtung vor. Gut. Unsere Gesetze tun das ohnehin, lassen aber Ausnahmen für rituelle Schlachtungen zu. Ganz schlecht. Religiöse Bräuche sollen sich bitte ausnahmslos unseren Gesetzen unterordnen. Gesetze sollten dafür keine Hintertür lassen. Hilal Sezgin prangert aber zu Recht an, dass generell Betäubungen oft schlecht durchgeführt werden. Auch wer nicht halal kauft, sollte ein schlechtes Gewissen haben. Angebracht. Aber ein Label für höhere Standards anzuprangern und daraus eine Art religiöse Diskriminierung zu kreieren, halte ich für abwegig. Die leider gar nicht gestellte Frage ist: Was spricht denn gegen eine Betäubung, unabhängig von der Tötungsmethode? Ein Brauch ist kein Argument. Lasst uns einfach Falafel essen … Matthias Sinn, Köln
Autos rauchen anders
„Zu leichtes Spiel für Scharlatane“, taz vom 14. 2. 19
Wenn man das sehr detaillierte (zuletzt 2016 aktualisierte) EPA-Dokument „Integrated Science Assessment for Oxides of Nitrogen: Health Criteria“ liest, findet man im Abschnitt 7.6.2, dass es unklar ist, ob Rauchen das Risiko Stickstoffdioxid-bezogener Gesundheitseffekte erhöht. Verständlich wird das aus einem 2006 erschienenen wissenschaftlichen Artikel, der die beim Rauchen inhalierte Menge an Stickstoffdioxid mit 10 bis 30 ng/Zigarette angibt, ermittelt mit einer stark verbesserten Messmethode (nur der erste Zug an der Zigarette enthält Stickstoffdioxid, verursacht durch das Anzünden). Das ist etwa 1/50.000 (ein Fünfzigtausendstel!) der von Professor Köhler zitierten 500 μg. Zwar wird Rauchen deswegen nicht gesünder, aber seine Argumentation zum Stickstoffdioxid ist damit von vornherein hinfällig – auch ohne seine methodischen und rechnerischen Fehler. Und Autos rauchen keine Zigaretten. Feinstaub (Abrieb von Reifen, Bremsbelägen, Straßenbelag) unterscheidet sich in der chemischen Zusammensetzung und in der Partikelgröße stark von Zigarettenteer. Kein ernsthafter Wissenschaftler würde auf die Idee kommen, bei einer Untersuchung Straßenstaub durch Zigarettenteer zu ersetzen. Schlimm ist nur, dass so viele Medien und Politiker auf die Argumentation des Professor Köhler eingestiegen sind. Expertengläubig, ahnungslos, oberflächlich oder sensationslüstern? Auch wundert, dass diese Problematik den Medien erst jetzt auffällt. Der online abrufbare Welt-Artikel mit identischem Wortlaut bei den Stickoxiden ist schon am 8. 3. 18 erschienen – vor fast einem Jahr. Hans-Jürgen Heckemann, Dresden
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