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Linke schlägt Kita-Alarm

Laut aktuellem Statusbericht fehlen im kommenden Kitajahr noch mehr Plätze als im Vorjahr. Die Linksfraktion fordert jetzt eine ressortübergreifende Kitakonferenz

Von Simone Schnase

Auch in diesem Jahr fehlen trotz des Ausbaus Plätze in der Kindertagesbetreuung, sagt die kinderpolitische Sprecherin der Bremer Linksfraktion, Sofia Leonidakis. Das gehe aus dem sogenannten Statusbericht I zu den diesjährigen Anmeldezahlen hervor. Leonidakis wirft Bildungssenatorin Claudia Bogedan (SPD) vor, diese Zahlen in der Stadtbürgerschaft am vergangenen Dienstag bewusst zurückgehalten zu haben. Derzeit, hatte Bogedan am Dienstag gesagt, stünden 500 Namen auf einer Warteliste für einen Kitaplatz. „Dass ihr zu diesem Zeitpunkt aber schon der Statusbericht I mit den neuen Anmeldezahlen vorlag, erwähnte sie mit keinem Wort“, kritisiert Leonidakis.

Nur einen Tag später habe sie den Bericht zufällig im „Kinderbetreuungskompass“ entdeckt: „Datiert ist er auf dem 22. Februar und der Behörde lag er sicher schon zwei Wochen länger vor. Den Deputierten ist er bis heute nicht zugegangen“, sagt Leonidakis. Dabei seien die darin genannten Zahlen alarmierend. Danach fehlen stadtweit aktuell 586 Krippenplätze, 1.262 Plätze für drei- bis sechsjährige Kinder und 293 Hortplätze.

„Damit liegt die Anzahl der unversorgten Kinder noch über denen des entsprechenden Statusberichts aus dem vergangenen Jahr“, sagt Leonidakis. Während die Zahl der unversorgten Hort-Kinder ungefähr gleich geblieben sei, habe sich die der Drei- bis Sechsjährigen und die der unter Dreijährigen um jeweils circa 200 erhöht.

Auf taz-Anfrage antwortet Annette Kemp, Sprecherin der Bildungssenatorin: „Wir sind gerade erst in dem Prozess. Die zweiten Planungskonferenzen laufen jetzt in den Stadtteilen an.“ Die Daten des vorliegenden Berichts seien „noch unbereinigt“ und würden im März in der Deputation vorgestellt. „Die Anmeldezahlen“, so Kemp, „müssen auch in Bezug zu Ausbauzahlen gesetzt werden. Es werden Gruppen zum und im kommenden Kitajahr eröffnet.“ 3.200 Plätze seien bereits seit Mitte 2016 geschaffen worden, „so viel wie noch nie. Rund 600 Plätze sollen im laufenden Kitajahr noch dazukommen.“ Es gebe auch noch Plätze in Stadtteilen ohne Überhang sowie Plätze bei Tagespflegeeltern.

Die Stadtteile mit Überhang sind ärmere Stadtteile wie Blumenthal, Burglesum, Vegesack oder Huchting. „Der Bau von Kitas und der Flächenkauf laufen viel zu schleppend“, sagt Leonidakis und verweist auf ein Bespiel in Huchting: „Dort hat der Ortsamtsleiter die Behörde auf eine Fläche aufmerksam gemacht, die direkt neben einer bereits bestehenden Kita liegt und zur Antwort bekommen, dass diese bloß zweite Priorität sei.“ Denn dort seien kostenintensive Lärmschutzmaßnahmen wegen des nahen Flughafens nötig. „Es gab auch aus anderen Stadtteilen Vorschläge und Initiativen, die der Senat aber nicht aufgreift.“ Ja, räumt Kemp ein, es gebe noch Ausbaubedarf, aber: „Wir arbeiten an Optionen.“

Das genügt Leonidakis nicht: „Es ist einfach keine Zeit mehr. Die am meisten unterversorgten Kinder sind zwischen drei und sechs Jahre alt – da kommen Kinder in die Schule, die wegen mangelnder Plätze noch nie in einer Kita waren.“

Die Linksfraktion fordert jetzt eine ressortübergreifenden Kitakonferenz mit Beiräten, Ortsämtern, Eltern- und BeschäftigtenvertreterInnen, um kurzfristige Lösungen zu finden. „Dies könnten leer stehende Immobilien oder weitere Personalakquisemaßnahmen sein“, sagt Leonidakis. Denn mehr Kitaplätze benötigen auch mehr Fachkräfte, aber bereits jetzt sind sie Mangelware: Erst vor zwei Wochen beklagte der Zentrale Elternverband (ZEV) Notdienste und Gruppenschließung in mehreren Stadtteilen.

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