mietspiegel : Die erfolgreiche Mieterbewegung
Berlin ist eine Mieterstadt. Immer noch, trotz aller Bemühungen von Bausparkassen und Immobilienhändlern, den Berlinern ihre eigenen vier Wände anzudrehen. Doch eine kämpferische Mieterbewegung ist nicht in Sicht. Die gab es zuletzt in den Nachwendejahren im Osten. Im Westen liegt das noch viel länger zurück. So ist auch der Mietspiegel, den der Senat in schöner Regelmäßigkeit veröffentlicht, kein Schutzbrief gegen Spekulanten. Wer sich bei Verhandlungen mit Vermietern oder gar vor Gericht darauf berufen will, erntet allenfalls ein Achselzucken.
KOMMENTAR VON GEREON ASMUTH
Dennoch sind, anders als in so ziemlich allen westdeutschen Großstädten, Wohnungsuchende in Berlin den Miethaien nicht vollkommen hilflos ausgeliefert. Das aber liegt keineswegs am rührigen Mietzinsvergleich des Senats. Der Grund ist vielmehr das einzige Kapital, das die Stadt noch hat: Es geht ihr so dreckig, dass hier schlichtweg nichts zu holen ist: kein Job, kein Gehalt und damit auch kein teurer Mietvertrag. Zum Glück wussten das die Investoren in den 90er-Jahren noch nicht. Sie setzten dank Hauptstadtboom ihre Neubauten in den Sand. Kein Wunder, dass gerade hier die viel zu hoch kalkulierten Mieten kräftig bröckeln. Es mangelt schlicht an der Nachfrage.
Teuer hingegen wird es langsam im Osten der Stadt. Nicht nur, weil dort mittlerweile fast alles saniert wurde, sondern auch, weil sich die Bewohner längst in ihren Kiezen festgesetzt haben. Wer sein lieb gewonnenes Umfeld behalten will, zahlt drauf. Das einzig wirksame Mittel gegen steigende Mieten aber ist eine mobile Bewohnerschaft, die am Markt stets nach Kiezen sucht, in denen es sich günstig leben lässt. Diese Mieterbewegung findet ihren Mietspiegel schon seit Jahren nicht mehr im Amtsblatt des Senats, sondern in den Kleinanzeigen der Tageszeitungen.