Stadtteilschulen holen auf

Erstmals verteilen sich die Anmeldezahlen fast gleichmäßig auf Gymnasium und Stadtteilschulen

Von Jana Eggemann

Die Stadtteilschulen holen auf: 7.050 Anmeldungen gab es dieses Jahr an den insgesamt 58 Stadtteilschulen, rund 300 mehr als voriges Jahr. Die Gymnasien verzeichnen 7.197 Anmeldungen (366 weniger). Acht Jahre nach Einführung des neuen Schulsystems ist nahezu Gleichstand erreicht.

Bildungssenator Ties Rabe (SPD) nennt die Entwicklung „erfreulich“, habe es doch einige „Geburtswehen“ bei der Etablierung der neuen Schulform gegeben. Noch 2016 hatten mehrere Schulleiter*innen von Stadtteilschulen in einem Brandbrief davor gewarnt, dass bei einem gleichbleibenden Trend bis 2020 70 Prozent der Schüler*innen an Gymnasien angemeldet wären. Dieser Trend scheint gestoppt. Vicky-Marina Schmidt, Schulleiterin der Goethe-Schule, Hamburgs größter Stadtteilschule, führt den Erfolg vor allem auf eine bessere Aufklärung der Eltern bereits vor Anmeldung zurück.

Die Entscheidung der Eltern führt zu vielen Schulwechseln. Allein im letzten Jahr haben 884 Sechstklässler*innen vom Gymnasium auf andere Schulen gewechselt, weil sie den Leistungsansprüchen nicht gewachsen waren. „Oft überschätzen Eltern ihre Kinder“, sagte Rabe. Etwa jedes vierte Kind gehe ohne Empfehlung an ein Gymnasium. Dabei seien, so der Bildungssenator weiter, beide Schulformen gleichwertig.

Dem widerspricht Sabine Boe­ddinghaus, bildungspolitische Sprecherin der Linken. Sie wirft Rabe vor, das Ergebnis politisch zu verkaufen. „Rund 40 Prozent der abgeschulten Kinder haben eine Gymnasialempfehlung“, sagte sie. Boeddinghaus zweifelt daran, dass es möglich sei Grundschüler*innen eine Schullaufbahn zu prognostizieren.

Eigentlich ist die Empfehlung im Schulgesetz schon seit 2009 abgeschafft. Trotzdem ist sie auch in Hamburg noch Gang und Gäbe. Häufig spiegeln die Empfehlungen die Herkunft. Eine direkte Verbindung zwischen sozialem Status und Schulform will Rabe zwar nicht sehen, räumt aber ein, dass die Gymnasialempfehlungen in sozial privilegierten Stadtteilen immer noch häufiger seien als in schwachen. „Dulsberg ist in drei Jahren nicht Blankenese.“

Stattdessen will Rabe sich auf das Positive konzentrieren: Stadtteilschulen hätten über 40 Prozent mehr Personal als gleichgroße Gymnasien, kleinere Klassen und bessere Betreuung.