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Trainerrauswurf in vielen Akten

Der Bundesliga-Vorletzte Hannover 96 trennt sich wie seit Tagen erwartet von seinem Trainer André Breitenreiter. Ein Nachfolger steht noch nicht fest. Ex-HSV-TrainerThomas Doll gilt als Favorit

Von Marco Carini

Das Aus am Sonntagmittag konnte André Breitenreiter nicht wirklich überraschen. Einen Tag nach der 1:5-Pleite von Hannover 96 bei Borussia Dortmund haben Clubchef Martin Kind und Manager Horst Heldt ihr seltsames Schauspiel beendet und die längst erwartete Trainer-Trennung vollzogen. Co-Trainer Volkan Bulut wurde ebenfalls freigestellt.

Wer die Niedersachsen nun auf die nächste Partie gegen RB Leipzig am Freitag vorbereitet, ist unklar. Die Nachfolge soll „so zeitnah wie möglich geregelt“ werden, hieß es aus der Vereinszentrale.

„Breitenreiter und sein Team haben in den letzten Wochen und Monaten wirklich alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die Mannschaft wieder in die Erfolgsspur zurückzuführen“, erklärte Heldt am Sonntag. „Dies ist leider nicht gelungen. Deshalb sind wir zu dem Schluss gekommen, eine Trennung vorzunehmen.“

96-Boss Kind wollte die Beurlaubung nicht kommentieren. Mit seinen widersprüchlichen Äußerungen über Breitenreiter war der Clubchef selbst an der fatalen Außendarstellung des Vereins beteiligt gewesen. Bereits nach dem desolaten Auftritt zum Rückrunden-Start gegen Werder Bremen (0:1) hatte es laut Medienberichten zu einer Trennung kommen sollen. Diese dementierten Heldt und Kind zaghaft erst einen Tag später. „Ich bin enttäuscht“, hatte Breitenreiter damals die ihm fehlende Rückendeckung kommentiert.

Vor der Partie gegen Dortmund beklagte er zudem die mangelnde Kommunikation. Vor dem Spiel hatte Sportchef Heldt vom Präsidenten öffentlich den Auftrag erhalten, den Trainermarkt zu sondieren. Nach dem Debakel von Dortmund forderte Breitenreiter „eine klare Ansage, was jetzt los ist“ und somit ein Ende der Hinhalte-Taktik der Vereinsbosse.

Die gab es, nachdem Kind und Heldt sich nach dem Spiel und am Sonntagmorgen beratschlagt hatten. „Die Entwicklung zeigt, dass wir einen neuen Impuls setzen müssen, um die Wende schaffen zu können“, erklärte Heldt. „Unser Ziel bleibt klar: Wir wollen auch nächstes Jahr in der Ersten Liga spielen.“

Hannovers Entwicklung unter Breitenreiter war fatal. 19 Spiele, nur zwei Siege, Platz 17. „Normalerweise wäre der Trainer in Hannover schon lange entlassen“, hatte der nun freigestellte Coach am Samstag selbst bemerkt.

Als Favorit für Breitenreiters Nachfolge gilt der frühere HSV-Trainer Thomas Doll, der zuletzt bis August 2018 Coach des ungarischen Clubs Ferencvaros Budapest war. Auch Ex-96-Trainer Mirko Slomka und Peter Stöger (Dortmund und Köln) werden Chancen eingeräumt.

Die atmosphärischen Störungen zwischen Breitenreiter und vor allem Präsident Kind waren zuletzt nicht mehr zu übersehen. Im Wintertrainingslager stritt er mit Kind öffentlich über die Verpflichtung neuer Spieler. Auch innerhalb der Mannschaft sorgte Breitenreiter für Verwunderung. Erst machte er teaminterne Probleme innerhalb des Kaders öffentlich, dann nahm er die angedrohte Streichung des Weihnachtsurlaubs wieder zurück.

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