: „Das Entscheidende ist, dass es das journalistische Angebot der taz gibt“
Am 1. Februar beginnt Andreas Marggraf als neuer Geschäftsführer der taz. Welche Akzente wird er setzen – was hält er von der digitalen Transformation?
Interview Jan Feddersen
taz: Andreas, du bist vom 1. Februar an der neue Geschäftsführer der taz. Du freust dich auf die Aufgabe?
Andreas Marggraf: Ja, sehr. Ich weiß ja, wie viel Spaß es macht, für die taz zu arbeiten – vor einigen Jahren war ich Geschäftsführer der taz im Norden.
Du wirst noch elf Monate mit Kalle Ruch, der mit dem Jahreswechsel 2019/2020 endgültig sich aus der taz zurückzieht, zusammenarbeiten. Wird das eine Zeit, in der du ein Trainee sein wirst?
Nein, ich werde mit Kalle Ruch und Andi Bull gleichberechtigter Geschäftsführer sein. Ich werde natürlich die Zeit nutzen, um von Kalle zu lernen und von seiner langen Erfahrung zu profitieren.
Du warst ja schon bei der taz im Norden …
… ich hab als Geschäftsführer der taz Bremen angefangen, dann wurde ich nach zwei Jahren gefragt, ob ich nicht auch Geschäftsführer der taz Hamburg mit werden könnte. Es gab damals schon eine taz Nord GmbH, die die beiden Lokalteile herausgegeben hat. Insgesamt war ich sechs Jahre lang Geschäftsführer der taz Nord. Danach bin ich nach Berlin in die Zentrale der taz gewechselt. Dort war ich drei Jahre mit geschäftsführenden Aufgaben für die taz Entwicklungs KG betraut und als deren Controller tätig. Ich hatte mich auch um den NRW-Teil der taz gekümmert.
Mit dem Projekt hatte es rasch ein Ende.
Ja, das war leider ökonomisch nicht haltbar.
War denn die Zusammenlegung der Lokalteile in Norddeutschland ein gelungenes Projekt?
Sowohl auf der redaktionellen als auch auf der Verlagsseite war das gelungen. Zum einen ging es um die Verbesserung der Verlagsstruktur. Die redaktionellen Seiten zusammenzulegen war deshalb sinnvoll, weil die taz Nord schon immer auch in Niedersachsen und Schleswig-Hohlstein vertrieben wurde – die Angebote für Hamburg und Bremen mit ihren kleinen Auflagen hatten sich nicht mehr allein getragen. Das taz-Nord-Konzept macht die Lokalzeitung dort lebensfähig.
Was hast du nach der taz gemacht?
Zunächst war ich vier Jahre in den USA mit meinem Partner, der damals dort als Washington-Korrespondent arbeitete. Ich habe dort in einem Steuerbüro gearbeitet. Doch hauptsächlich war ich vor meiner neuen Aufgabe in der taz für „Ärzte ohne Grenzen“ tätig. Sechs Jahre als Abteilungsleiter für den Bereich Finanzen und Verwaltung im Berliner Büro, zuletzt noch anderthalb Jahre in Amsterdam, wo noch wesentlich mehr Projekte gemanagt werden.
Hattest du auch private Gründe, nach Berlin zur taz zu gehen?
Ich habe eine kleine Tochter, die in einer Regenbogenfamilie aufwächst. Sie ist zwei Jahre alt – und ich möchte ihr Heranwachsen gerne aus der Nähe miterleben. So war es ein glücklicher Zufall, dass die taz gerade jetzt nach einem neuen Geschäftsführer suchte und ich so zur taz, für die mein Herz immer geschlagen hat, zurückkommen kann. Und ich freue ich mich außerdem, nicht mehr jedes Wochenende zwischen Amsterdam und Berlin pendeln zu müssen.
Nach einigen Jahren nicht in Diensten der taz: Wie hast du unser Haus aus der Distanz wahrgenommen?
Jahrgang 1969, in Offenburg geboren, in Karlsruhe aufgewachsen, arbeitete bereits von 1998 bis 2007 für die taz. Zuletzt war er für Ärzte ohne Grenzen in Amsterdam tätig. Er lebt bald in Berlin und ist Vater in einer Regenbogenfamilie.
In meinen Augen, hat sich die taz sehr gut entwickelt. Zum einen konnte sie sich über die letzten Jahre eine gute wirtschaftliche Grundlage erarbeiten. Diese wiederum ermöglicht Freiräume, um sich inhaltlich weiterzuentwickeln, beispielsweise, um sich nicht mehr mit Rettungskampagnen auseinandersetzen zu müssen. Gerade im letzten Jahr hat sich viel getan im Hinblick auf die inhaltliche Weiterentwicklung – es gibt sowohl den Innovationsreport als auch ein belastbares Szenario, wie die taz wirtschaftlich die Medienkrise bewältigen kann. Und das alles mit unglaublich engagierten Mitarbeiter*innen und einer starken Genossenschaft.
Das Stichwort zur Medienkrise lautet ja immer: digitale Transformation. Wie beantwortest du es?
Die taz, so sehe ich es, war immer dynamisch und flexibel, sie hat sich mit diesem Spirit entwickelt. Deshalb arbeiten die Kolleg*innen jetzt auch schon aktiv an der digitalen Transformation, die ja alle Zeitungen extrem unter Druck setzt. Ich habe das Gefühl, dass die taz da ziemlich gut aufgestellt ist und diese Transformation gut hinbekommen wird.
Wie hast du in Amsterdam die taz gelesen – als Digi-Abo?
Es war ein großes Glück, dass ich die taz digital lesen konnte. Ich schätzte das sehr. Als ich in Washington war, da hatte sich das Digitale noch nicht so weit entwickelt. Damals bekam ich ein taz-Abo im PDF-Format auf meinen PC – das fand ich aber noch ziemlich unhandlich. In Amsterdam hab ich es jetzt mit Smartphone oder Tablet, was gerade zur Hand war, gelesen.
Und in Berlin?
Eigentlich hatte ich mich wieder auf die Papierausgabe gefreut – aber dann gab es anfänglich Zustellprobleme. Und dann hab ich gedacht: Warum brauch ich meine Lieblingszeitung eigentlich in Print?
Viele Leser*innen hängen an der Papierausgabe.
Ich doch auch. Aber ich dachte, vor allem im Ausland, lieber überhaupt eine taz als gar keine. Also digital! Am Anfang muss man sich natürlich ein bisschen umstellen, dann hab ich gesehen, wie praktisch das ist.
Wie stellst du dir die Zukunft der taz für Leser*innen des Papierformats vor?
Irgendwann wird es die Papierausgabe nur noch am Wochenende geben, an den Werktagen nur noch digital. Das ist für viele erst einmal eine große Umstellung, aber ich würde allen ein Angebot machen, dass sie das Digital-Abo ausprobieren können. Vielleicht über einen längeren Zeitraum. Damit sie selbst erleben können, wie das ist. Und dass sich die digitale taz tatsächlich auch beim Frühstücken gut lesen lässt.
Und du selbst?
Ich lese sie morgens beim Kaffee mit dem Tablet. Dann raschelt’s zwar nicht, aber das ist trotzdem das gleiche Gefühl. Die Informationsaufnahme während des Frühstücks, das ist es, was die taz ausmacht, nicht unbedingt das Geräusch vom Umblättern. Natürlich wird es weiterhin auf lange Sicht eine Print-Wochenend-Ausgabe geben. Und das wird auch die sein, in der eher die längeren Texte drin sind. Wo man sich eher mit bisschen Genuss hinsetzt und sie im Sessel liest und nicht nur beim Frühstück. Ich glaube, dass das dann eine gute Perspektive ist für Leute, die auch weiterhin dieses gewisse Papierzeitungsgefühl haben wollen.
Wir redeten über die Transformation vom Papier zum Digitalen – wie definierst du den Unterschied zwischen einer gedruckten und einer digitalen taz?
Am digitalen Bereich muss die taz noch weiter arbeiten. Im Moment ist das digitale Abo ja eins zu eins die Print-taz – die auf Papier fixierten Inhalte, nur eben ins Digitale übersetzt. Was geändert werden muss – weil die Lesegewohnheiten gerade auch von jüngeren Leuten sich ändern –, ist, dass man nicht unbedingt eine ganze Zeitung liest. Sondern dass man eben ein aktuelles Angebot in einer digitalen Form hat, was aber jetzt nicht eine Tagesausgabe ist, sondern was vielleicht zwei oder drei Mal am Tag aktualisiert wird.
Klingt, als hättest du für unsere Leser*innen der Printausgabe eine Message.
Ich würde mein Anliegen nicht so nennen, aber wenn, dann dieses: Ich kann verstehen, dass Sie gerne noch in der Print-Variante lesen, aber die taz muss sich auf eine andere Generation vorbereiten, eine, die Medien ganz anders konsumiert. Und dass wir für diese ein Angebot haben, das digital ist und nicht wie eine Papierzeitung aussieht. Entscheidend ist, dass es das journalistische Angebot der taz, unseren Markenkern, weiterhin gibt.
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