: Aufregung auf dem Hühner-Hof
Bis morgen sollen die Bundesländer sich zu den Plänen des Verbraucherministeriums äußern, nach denen Freilandhaltung wegen der Vogelgrippe verboten werden soll. Geflügelhalter warten auf klare Ansagen
Paul Baasch ist ratlos. Wie viele andere Geflügelhalter auch, rätselt der Vorsitzende des Rassegeflügelzüchterverbandes Preetz in Schleswig-Holstein derzeit darüber, ob er seine 100 Federfüßigen Zwerghühner wegen der Vogelgrippe einsperren muss oder nicht. „Ich hätte gar keinen Platz dafür, und außerdem knallt die Sonne auf die Ställe, das würde viel zu heiß für die Hühner“, sagt Baasch. In Internet-Foren von Hühnerfreunden kursieren bereits Gerüchte, nach denen allen Vögeln der Freiheitsentzug droht. „Genaues weiß man nicht“, sagt Baasch, der auf eine Ansage der Behörden wartet, ob er besondere Maßnahmen ergreifen muss, um sich gegen die Seuchengefahr zu wappnen.
Noch gibt es allerdings nur einen Entwurf des Bundesverbraucherministeriums, nach dem spätestens ab 15. September die Freilandhaltung von Geflügel verboten werden soll, um eine Ansteckung durch Zugvögel zu verhindern.
Bis morgen haben die Bundesländer Zeit, sich zu den Plänen zu äußern. Ein Konflikt zwischen Bund und Ländern sei nicht zu erwarten, sagte gestern Gabriele Martin, Sprecherin des Bundesministeriums, der taz: „Wir gehen davon aus, dass die Länder zustimmen werden.“ Doch zustimmen – wozu? Zu einer Verordnung, die ab 100 oder 500 oder doch schon ab 50 Stück Federvieh greift? „Das steht noch nicht fest“, sagt Martin.
Für Niedersachsen, neben Nordrhein-Westfalen das Land, in dem das meiste Geflügel produziert wird, ist die Sache hingegen klar. „Wenn schon eine scharfe Regelung, dann aber auch richtig“, sagt Gert Hahne, Sprecher des Landwirtschaftsministeriums in Hannover. Wer mehr als 100 Hühner hält, solle diese einsperren müssen. Für kleinere Bestände gibt er Entwarnung. Wer nur ein paar Hühner für das Frühstücksei hinter’m Haus halte oder wie Paul Baasch Rassegeflügel in relativ kleinem Stil züchte, brauche keine Überdachungen oder gar einen neuen Stall bauen. „Es reicht, wenn Halter ihre Tiere genau beobachten und Krankheitsfälle melden.“ Der Grund: „In zehn Hühnern kann das Virus nicht so schön mutieren wie in 1.000.“
Im übrigen gehe die größte Gefahr für eine Verbreitung des Virus nicht von Zugvögeln aus, sondern von Menschen, sagt Hahne. In Niedersachsen sollen deshalb Busunternehmen, die Reisen nach Osteuropa organisieren, über Importverbote informiert werden.
Bisher ist das als besonders gefährlich geltende Virus, das sich derzeit in Asien ausbreitet, in Deutschland noch nicht nachgewiesen worden. Bestätigt wurden Fälle in Russland, Menschen sollen nicht betroffen gewesen sein. Nach einer Meldung von Radio Bremen sollen bereits jetzt im Wattenmeer die ersten Zugvögel aus Russland angekommen sein, die das Virus in sich tragen könnten. Eine Übertragung auf Menschen – die ebenfalls erkranken können – ist nach Einschätzung von Experten bisher nur möglich, wenn diese in engen Kontakt mit infizierten Vögeln gekommen sind.
Gesundheitsorganisationen wie das Robert-Koch-Institut warnen davor, dass es zu einer weltweiten Grippewelle mit Millionen Toten kommen kann, wenn das Virus durch Kontakt mit einem normalen Grippe-Virus mutiert und von Mensch zu Mensch übertragen werden kann. Eiken Bruhn