american pie: Ein Stern geht auf
Dank Trevor Lawrence gewinnen die Clemson Tigers den College-Football-Titel locker und leicht
„A Star is Born“, sollte USA Today, die größte Tageszeitung des Landes, später titeln. Und DeShaun Watson, Quarterback-Star der Houston Texans, würde sagen: „Er ist jetzt schon eine Legende.“ Doch was tat derjenige, der dermaßen mit Lob überschüttet werden würde? Der pries seine Trainer, würdigte die Teamkameraden und sagte bloß: „Es ist toll.“ Und dabei lächelte Trevor Lawrence mild wie ein Buddha, dem eben eröffnet wurde, dass die Tür zum Nirwana ab morgen für alle offen steht.
Während um ihn herum Freudentränen flossen, Jubelschreie ertönten und Konfetti vom Himmel regnete, blieb der Quarterback seltsam ruhig. Trotz seiner gerade mal 19 Jahre und trotz der Tatsache, dass er eben, nur wenige Wochen nachdem er vom Bankdrücker zum Starting Quarterback der Clemson Tigers befördert worden war, im Endspiel um die College-Football-Meisterschaft eine überragende, fehlerfreie und abgebrühte Leistung gezeigt hatte. 44:16 hatte die Mannschaft der Clemson University aus South Carolina die Crimson Tide, das eigentlich favorisierte und bis dahin ungeschlagene Team der University of Alabama, vor fast 75.000 in San Francisco und Millionen vor den Fernsehschirmen besiegt. Aber während die Teamkollegen sich in den Armen lagen und feierten, machte Lawrence den Eindruck, als sei er, wie es ein Mannschaftskollege formulierte, „bloß auf dem Weg zum Essen bei Chick-fil-A“.
Die Filialen von Chick-fil-A, einer auf Hühnchen-Sandwiches spezialisierten Fastfood-Kette, gelten als liebster Aufenthaltsort von Trevor Lawrence. Dort soll er regelmäßig anzutreffen sein – nahezu ausschließlich in Gesellschaft seines Laptop, auf dem er Videoaufnahmen des nächsten Gegners studiert. Diese für einen Quarterback unverzichtbare Bereitschaft, auch neben dem Trainingsplatz viel Zeit ins Videostudium zu investieren, hat Lawrence schon während seiner Zeit an der Cartersville High School in Georgia zu einem Star gemacht. Er pulverisierte die zur Verfügung stehenden Rekorde dermaßen, dass Scouts in ihm das viel versprechendste Quarterback-Talent seit dem legendären Peyton Manning sehen.
Tatsächlich soll Lawrence nicht nur ebenso fleißig sein wie Manning, sondern auch noch den stärkeren Wurfarm besitzen und der bessere Athlet sein. Tatsächlich macht Lawrence trotz seines jugendlichen Alters den Eindruck, als könnte er morgen schon problemlos in die Rolle des Aushängeschilds einer NFL-Franchise schlüpfen. Dass Trevor Lawrence vor jedem Spiel in der Bibel liest, sich die blonden Haare als Ehrerbietung an Jesus bis auf die Schulter hat wachsen lassen und als streng gläubiger Christ als abgesichert gegen Skandale gilt, ist ein weiteres Argument dafür, dass sich einige Profiklubs schon heute den April 2021 im Kalender rot angestrichen haben: Dann kann Lawrence am Draft teilnehmen und Football-Profi werden.
Vielleicht bleibt Lawrence aber auch länger in Clemson, als er müsste. Das deutete er jedenfalls nach dem Titelgewinn in seinem ersten Uni-Jahr als Tiger an. Wie viele Titel er noch in Clemson gewinnen wolle, wurde er gefragt. „Mindestens noch drei“, sagte Trevor Lawrence. Und das milde Lächeln wurde diesmal etwas breiter. Thomas Winkler
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen