piwik no script img

Archiv-Artikel

Zeichen des Widerstands

PROTESTKULTUR I An norddeutschen Häuserfassaden, in Vorgärten, auf Feldern, am Wegesrand finden sich Symbole des Widerstandes, manchmal sogar kilometerweit entfernt von der eigentlich betroffenen Region. Hier eine kleine Auswahl

VON ARNE SCHRADER

Castor X

Das gelbe „X“ ist das wohl bekannteste Symbol des stillen Protestes, ein Zeichen der Anti-Atom-Bewegung aus dem Wendland. Als 1995 der erste Castorbehälter mit Brennelementen in das Zwischenlager in Gorleben rollte, wurde das für die Menschen in Lüchow-Dannenberg zum „Tag X“. Das X soll außerdem an den Slogan „Wir stellen uns quer“ erinnern und die Farbe Gelb ist abgeleitet vom „radioaktiv“-Warnhinweis. Prangte das X anfangs nur auf ein paar Flyern, Aufklebern und Plakaten, wurde es schnell von immer mehr Atomkraftgegner aufgegriffen und verbreitete sich zügig – inzwischen ist das X nicht mehr nur Symbol für den Widerstand in der Region, sondern zu einem überregionalen Zeichen gegen Atomkraft geworden.

Y-Trasse Y

Das „Y“ hat mal nichts mit Atomkraft oder Energieversorgung zu tun, auch wenn das „Nein“ mit dem großen schwarzen Ypsilon auf gelbem Hintergrund farblich an X und A erinnert. Das Y symbolisiert den Protest gegen die so genannte Y-Trasse, eine geplante Eisenbahnstrecke, die sich von Hannover kommend bei Visselhövede Y-förmig aufteilt und nach Hamburg und Bremen führen soll. Erste Ideen zur Hochgeschwindigkeitsstrecke gab es in den 1970er Jahren, seit Anfang der 1990er wird geplant und umgesetzt werden soll sie ab 2015. Kritiker zweifeln an der Sinnhaftigkeit der Strecke und bemängeln die zu hohen Kosten. Entlang des geplanten Streckenverlaufs steht das Y auf vielen Feldern und in Gärten, die durch die Trasse zerteilt werden würden.

Asse-A

Das gelbe „A“ steht für den Protest gegen die Asse II, also gegen die Schachtanlage mit radioaktiv kontaminierter Salzlauge bei Wolfenbüttel. Zum Buchstaben gehört der Slogan „aufpASSEn“. Nachdem die Asse 2008 immer mehr in den Fokus der Öffentlichkeit rückte, begannen Ete und Ute Meier aus Groß Vahlberg die A’s, optisch an die X’e rund um Gorleben angelehnt, zusammen zu zimmern und bald hingen sie im ganzen Ort. Die Nachfrage wuchs und bald stiegen die Werkstätten der Lebenshilfe Wolfsburg als Partner in die A-Produktion mit ein. Viele Asse-Gegner bauen sie auch selbst und mittlerweile finden sich die A’s auch weit über Wolfenbüttel hinaus an Hauswänden, Autobahnraststätten, an Gartenzäunen und Straßenecken.

CCS-Maske

Wieder in Schwarz auf Gelb gehalten ist das Gasmasken-Symbol der CCS-Gegner. Zu sehen ist es auf Plakaten oder an Hauswänden oder auch mal auf gelb angestrichenen Kühen. CCS ist die Abkürzung für Carbon Dioxide Capture and Storage, eine Technik, mit der CO2 in unterirdischen Gesteinsformationen gelagert werden soll. In Norddeutschland kamen insbesondere Schleswig-Holstein und Niedersachsen in Betracht, bis ein drei jähriges Moratorium die weitere Forschung – zumindest vorübergehend – einfror. Viele Bürgerinitiativen und Vereine schlossen sich gegen CCS zusammen, sie befürchten Kaltwassergeysire, die Schwermetalle ins Grundwasser schwemmen könnten. Ihr gemeinsames Zeichen: die Gasmaske.

Windkraftrad

Ganz anders als die Buchstaben mutet dagegen das Symbol des Widerstandes gegen das Repowering von Windkrafträdern an. Hier ist sofort zu erkennen, dass sich der Protest gegen neuere, höhere und effizientere Anlagen richtet, die die alten Windkrafträder ersetzen oder aufstocken sollen. In vielen Teilen Norddeutschlands wird diese Debatte geführt, Kirchwerder oder Wohnste sind nur zwei Beispiele. Grund für den Unmut der Anwohner ist ständiges nächtliches Blinken, Geräuschbelästigung, der Schattenwurf der Windkrafträder – und der Wertverlust ihrer Immobilien. Hier wird mal nicht auf die Farben Schwarz und Gelb gesetzt, sondern eher auf die Verkehrszeichensymbolik: rotes Stopp-Zeichen mit Windkraftrad drin.