: Land in Sicht
Die „Sea Watch“ mit 32 Flüchtlingen liegt direkt vor Maltas Küste. EU-Staaten liefern sich einen absurden Streit um ihre Aufnahme
Von Michael Braun und Jannis Hagmann
Deutsche Politiker haben sich am Freitag auf der „Sea-Watch 3“ ein Bild der Lage auf dem Flüchtlingsboot gemacht. Das Schiff des gleichnamigen Berliner Vereins hatte vor knapp zwei Wochen 32 Menschen aus Seenot gerettet und kreuzt seitdem im Mittelmeer, da Italien, Malta und andere Staaten sich weigern, die Menschen aufzunehmen.
Auch Deutschland lehnt die Einreise der Geretteten ab. Dies gelte auch für ein zweites Schiff, die „Professor Albrecht Penck“ des ebenfalls in Deutschland registrierten Vereins „Sea-Eye“. Sie hat seit einer Woche 17 Gerettete an Bord.
Die „Sea-Watch“-Zentrale schickte am Freitag zwei Schiffe los, die das Flüchtlingsschiff mit Proviant versorgten und deutsche Parlamentarier und Kirchenvertreter vor Ort brachten. Der Bundestagsabgeordnete Frank Schwabe (SPD) veröffentlichte ein Video, das die „Sea-Watch“ in unmittelbarer Nähe Maltas zeigt, wie sein Büro der taz mitteilte. Sein Fraktionskollege Helge Lindh schrieb auf Twitter: „Wir benötigen eine europäische Lösung. Aber bis dahin – und das müsste ein humanitärer Grundkonsens sein – dürfen wir Menschen nicht auf dem Mittelmeer sterben lassen.“
Die Europa-Abgeordnete Ska Keller (Grüne), die ebenfalls am Freitag die „Sea-Watch“ besuchte, erklärte, Deutschland solle die Menschen aufnehmen, wenn andere EU-Staaten dazu nicht bereit seien. „32 auf 80 Millionen Einwohner“ sei keine unmögliche Aufgabe, so Keller.
Am Donnerstag war Neapels Bürgermeister Luigi de Magistris mit einem Hilfsangebot an die „Sea-Watch“ vorgeprescht. Neapel sei bereit, die Flüchtlinge aufzunehmen, erklärte er in einem Brief an die Crew des Schiffes. Dies gelte auch für den Fall, dass die italienische Regierung die Einfahrt in den Hafen von Neapel verhindere. „Wir haben 20 Boote zur Verfügung, die die ‚Sea-Watch‘ erreichen können, um die Personen, die Sie beherbergen, an Land zu bringen“.
Nach Angaben von „Sea-Watch“ haben sich neben Neapel auch Palermo und Livorno in Italien sowie Bremen, Hamburg, Berlin und weitere Städte bereit erklärt, die Flüchtlinge aufzunehmen. Am Mittwoch hatten auch die Niederlande erklärt, sie würden Flüchtlinge von der „Sea-Watch“ aufnehmen. Voraussetzung sei aber, dass auch andere Staaten der EU einen Teil aufnähmen. Darüber liefen Verhandlungen unter Vermittlung der EU-Kommission. Diese rief am Donnerstag dazu auf, „mehr Solidarität“ zu zeigen.
Neapels Bürgermeister de Magistris, der 2016 die Kommunalwahl in Neapel mit einer lokalen linken Liste gewann, stellt sich mit seinem Hilfsangebot offen gegen Italiens Innenminister Matteo Salvini von der rechtspopulistischen Lega. Er hat im Sommer vergangenen Jahres die Schließung der italienischen Häfen für Schiffe mit Flüchtlingen an Bord verfügt.
Salvini teilte am Mittwoch per Twitter mit: „Die italienischen Häfen sind geschlossen, wir haben schon zu viele vermeintliche Flüchtlinge aufgenommen, wir haben schon zu viele Schleuser bereichert! Die linken Bürgermeister sollten an ihre eigenen Bürger in Schwierigkeiten denken, nicht an die Illegalen.“
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